Der kleine Tim lächelt, als das flackernde Licht aufleuchtet. Dann räuspert sich der Junge. „Ich bin der Tim, und ich zünde die Kerze für meine Mama an“, sagt er zögernd, aber bestimmt. Als er anschließend die Klangschale ertönen lässt, kann man eine Stecknadel fallen hören. Und das, obwohl der Elfjährige gerade in einem Raum voller Kinder sitzt. Gabriela Becker kennt solche Situationen gut. Als Leiterin der Trauergruppe Lacrima aus Augsburg unterstützt sie mit ihrem Team kostenlos trauernde Familien.
Lacrima: Augsburger Trauergruppe für Kinde rund Jugendliche
„Neben meiner ehrenamtlichen Leitung der Selbsthilfegruppe „Trotz-dem Leben Augsburg“ für Familien von verstorbenen Kindern leite ich das Augsburger Kinder- und Jugendtrauerzentrum Lacrima seit August 2021“, erzählt sie. Als professionelle Trauerbegleiterin hilft sie Betroffenen, die mit ihren Kindern die Einrichtung der Johanniter aufsuchen. „Volljährige können ohne Bezugspersonen zu uns kommen. Parallel zu den Kindertrauergruppen bieten wir auch ein begleitendes Angebot für die Bezugspersonen an. Wenn beispielsweise der Vater einer Familie verstorben ist, sind wir bei Lacrima für das Kind und für die Mutter da“, so Gabriela Becker. Und nicht nur bei Todesfällen sind neben den Kindern auch die Bezugspersonen extrem belastet. Auch wenn Kinder psychisch krank sind helfen Elterngruppen.
Obwohl Lacrima auf Latein „Träne“ bedeutet, betont Gabriela Becker „Das heißt nicht, dass bei uns nur geweint wird. Im Gegenteil: Unsere Aufgabe ist es, der Trauer in jeder Form Ausdruck zu geben. Das kann Weinen sein – muss aber nicht.“
Kinder als Pfützenspringer
Durch verständliche und altersgerechte Fakten wird Kindern in der Augsburger Trauergruppe die Thematik des Sterbens nähergebracht. „Jedes Kind sollte in seinem Tempo in das Verstehen von Tod und Trauer reinwachsen dürfen“, meint Gabriela Becker. „Kinder sind dabei wie Pfützenspringer: In einem Moment sind sie tieftraurig – und kurz darauf wollen sie weiterspielen. Das ist völlig normal.“
In den Treffen der Kindertrauergruppe, die alle zwei Wochen stattfinden, können Kinder ab sechs Jahren dann bei Bedarf ihren Gefühlen freien Lauf lassen. „Das Motto bei uns lautet: Alles kann, nichts muss. Jeder kann zu jeder Zeit so viel von seiner persönlichen Situation preisgeben, wie er das möchte“, erklärt die Leiterin von Lacrima. „In den Kerzenrunden, die zu Beginn jeder Gruppeneinheit abgehalten werden, merken die Kinder, dass sie mit ihrem Schicksal nicht allein sind. Dadurch entsteht sofort eine Gemeinschaft“, berichtet Becker. Anschließend sorgen Tobe- und Bewegungsspiele, aber gleichzeitig auch kreative und ruhige Angebote mit den Betreuern für Abwechslung.
Hilfe für Kinder und Jugendliche in der Augsburger Trauergruppe Lacrima
Da Lacrima neben Kindertrauergruppen seit Oktober auch Jugendtrauergruppen anbietet, ist hier Platz für jeden. „Sollte jemand außerhalb der Treffen Redebedarf haben, sind wir auch über telefonischen Kontakt oder per E-Mail zu erreichen." Dabei sollte Trauer auch gesellschaftlich enttabuisiert werden, findet sie. „Schließlich ist davon jeder einmal betroffen.“
Die Arbeit von Lacrima, die rein durch Spenden finanziert wird, zahlt sich aus. Gabriela berichtet: „Jede Minute, die wir bei Lacrima verbringen, ist eine Bereicherung. Wenn beispielsweise ein Vater erzählt, bei seinem Kind ist seit der Teilnahme an der Kindertrauergruppe eine spürbare Erleichterung zu erkennen, berührt das einen tief im Herzen.“
Wie Trauernden auch privat geholfen werden kann
„Die Trauer ist eine edle Dame, die gesehen werden möchte“, zitiert Gabriela Becker ein altes Sprichwort. „Wenn jemand trauert, ist es wichtig, keine stumpfen Trostversuche zu unternehmen. Signalisieren Sie, dass Sie diese schwere Situation mit den Trauernden aushalten möchten, obwohl man sich vielleicht selbst hilflos fühlt.“ Und noch ein weiterer Tipp von der Leiterin der Trauergruppe in Augsburg: „Die Formulierung ‚Melde dich bei mir, wenn du etwas brauchst‘, hilft oft nicht weiter. Stattdessen sollte man sich selbständig darum kümmern, mit dem Betroffenen in Kontakt zu bleiben.“