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Frauengesundheit und Schwangerschaft
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Mehr als Übelkeit in der Schwangerschaft

Unstillbares Schwangerschaftserbrechen

Mehr als Übelkeit in der Schwangerschaft

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    Die Schwangerschaft ist eine besondere Zeit: Umso wichtiger, dass Frauen währenddessen gut unterstützt werden.
    Die Schwangerschaft ist eine besondere Zeit: Umso wichtiger, dass Frauen währenddessen gut unterstützt werden. Foto: Christin Klose

    Dilara Yardimci aus Mering war unglaublich glücklich, als sie vor etwa sechs Monaten bemerkte, dass sie schwanger ist. Die Wirtschaftspsychologin ist 27, seit Jahren verheiratet und steht mitten im Berufsleben. Das schien der richtige Moment für die Familienplanung. Doch glücklich schwanger war sie exakt eine Woche lang. Dann fing die Übelkeit an.

    Es ging ihr durchgehend wie nach einer durchzechten Nacht. Mehr als 30 Mal am Tag musste sie sich übergeben. Die Tabletten gegen Übelkeit, die ihre Frauenärztin ihr erst einmal verschrieb, halfen nichts. „Ich bin zum Teil einfach im Bett liegen geblieben“, erzählt sie. Weil es sich nicht rentiert habe aufzustehen. Und weil sie auch keine Energie mehr dazu hatte. Nach elf Tagen war sie am Ende ihrer Kräfte, hatte fünf Kilo abgenommen. Ihre Frauenärztin schickte sie direkt ins Krankenhaus.

    Seltene Komplikation, aber heftig

    Yardimci leidet an Hyperemesis gravidarum (HG), oder auch unstillbares Schwangerschaftserbrechen. Eine Komplikation, bei der ein schwerwiegender Verlauf nur etwa ein bis drei Prozent der Schwangeren trifft. Wen es aber trifft, der ist dadurch stark belastet. Bei schweren Verläufen müssen Frauen teilweise bis zur Geburt künstlich ernährt werden. Die Ursache für diese extreme Übelkeit ist oft unklar, sagt Prof. Christian Dannecker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe in der Uniklinik Augsburg. Er zählt einige der Faktoren auf, die die Wahrscheinlichkeit für HG erhöhen: Die Komplikation kommt häufiger bei jüngeren Frauen vor, bei Zwillingsschwangerschaften, bei Frauen mit Migräne. Teilweise ist es genetisch vererbt, Hormone scheinen ebenfalls einen Anteil zu haben.

    Lebensbedrohliche Erkrankung

    Bei Schwangerschaftsübelkeit wird vermutet, dass das sogenannte Schwangerschaftshormon HCG eine Ursache ist. Sehr vielen Frauen ist gerade zu Beginn der Schwangerschaft übel. „Auch eine leichte Übelkeit kann belastend sein“, sagt Dannecker. Solche Beschwerden müsse man generell ernst nehmen. Aber leichte Übelkeit sei eben nur der Anfang des Spektrums. „Am anderen Ende des Spektrums kann eine schwere und in seltenen Fällen sogar lebensbedrohliche Krankheit stehen“, sagt der Arzt. Hyperemesis gravidarum: Das ständige Erbrechen und die durchgehende Übelkeit seien furchtbar quälend.

    Die Diplompsychologin Anne Hutter hatte selbst vor Jahren HG. Seitdem ist sie im Forum hyperemesis.de aktiv, in dem sich Betroffene austauschen. Immer wieder melden sich auch Frauen direkt bei ihr, da sie auf einer eigenen Internetseite über HG informiert. Sie erzählt von vielen Frauen, denen der Leidensdruck zu groß wurde, die die Schwangerschaft abbrachen, weil sie keine andere Möglichkeit sahen. Und das bei lang ersehnten Wunschkindern.

    Frauen brauchen Hilfe

    „Je früher eine Frau Zugang hat zu der ersten Medikation, den ersten Infusionen, desto leichter wird es nach hinten raus“, erzählt Hutter. Die Frauen seien aber oft kaum dazu in der Lage zu reden oder selbst zu recherchieren. Fühlten sich hilflos. „Sie brauchen Partner, Eltern, die sagen, das ist nicht normal“, sagt sie. Nicht nur für die Frauen selbst ist die Zeit belastend. „Die werdenden Väter sind oft enorm überfordert“, erzählt sie. Die kranke Ehefrau, der Haushalt, die Anforderungen auf der Arbeit, manchmal noch Kinder. Sie erzählt, dass es verschiedene Hilfen gibt, die Familien sich suchen können. Zum Beispiel kann eine Haushaltshilfe verschrieben werden, die sich um Haushalt und Kinder kümmert.

    Die Unterstützung, die die Frauen in dieser Zeit bekommen, sei sehr bedeutsam. Zum einen, um die Schwangerschaft durchzustehen. Zum anderen aber auch, um den psychischen Druck im Nachhinein abzumildern. „Es gibt Frauen, die drei Jahre danach immer noch von Erinnerungen eingeholt werden und niedergeschlagen sind“, erzählt Hutter. Sie empfiehlt Frauen, die bereits in einer Schwangerschaft HG hatten, für die zweite Schwangerschaft gut zu planen. Denn sie haben ein erhöhtes Risiko, das noch einmal durchmachen zu müssen.

    Auch bei weiterer Schwangerschaft

    So war es bei Susanne Gold aus Friedberg. Sie war bereits in ihrer ersten Schwangerschaft wegen Hyperemesis gravidarum im Krankenhaus. Ihr Mann und ihre Familie waren in der Zeit eine große Unterstützung. Und so ging sie die zweite Schwangerschaft geplant an. Als sie auch da wieder ins Krankenhaus musste, blieb ihr Mann mit dem Sohn zu Hause. Als sie nach Hause konnte, kümmerten sich ihre Eltern und Schwiegereltern um das Kind, kochten, erledigten den Haushalt. „Ein drittes Mal mache ich das nicht“, sagt Gold. Aber trotz der Qualen habe sich die zweite Schwangerschaft gelohnt.

    Frauenarzt Christian Dannecker erklärt, dass sowohl die normale Schwangerschaftsübelkeit als auch die extreme Form Hyperemesis gravidarum oft im Laufe der Schwangerschaft verschwinden. Viele hätten es nur bis zur zwölften, andere bis zur 20. Woche. Bei einem kleinen Teil bleibe es allerdings bis zum Ende. Trotz aller Qualen für die werdende Mutter seien Übelkeit und Erbrechen im Normalfall keine Gefahr für das Ungeborene. Allerdings habe auch das Grenzen. „Wenn im Extremfall bei starkem Flüssigkeitsmangel der Kreislauf der Mutter zusammenbricht, ist das natürlich auch für das Kind nicht gut.“

    Übelkeit behandelbar

    Aber alles in allem sei die Übelkeit normalerweise gut behandelbar. Gerade bei der normalen Übelkeit beginne es mit Beratung und Ernährungsumstellung. „Wenn all das nicht hilft, gibt es verschiedene Medikamente“, erklärt der Arzt. Bei HG braucht es häufig eine Einweisung ins Krankenhaus mit Infusionen. „Oft geht es den Frauen im Krankenhaus auch schnell wieder gut“, sagt er.

    Bei Dilara Yardimci war der erste Krankenhausaufenthalt tatsächlich eine Erlösung. Die Übelkeit war schlagartig weg, sie konnte zum ersten Mal nach langer Zeit essen und trinken. „Ich wäre am liebsten gar nicht mehr rausgegangen oder hätten den Infusionsständer mitgenommen“, erzählt sie. Trotzdem musste sie einige Wochen später wieder ins Krankenhaus. Inzwischen hat sie sich mit einem neuen Medikament gut eingependelt.

    Fast wieder erholt

    In der 20. Schwangerschaftswoche hat sie es geschafft, ihr Startgewicht wieder zu erreichen. Sobald es ihr besser ging, hat Yardimci angefangen, sich über Hyperemesis gravidarum zu informieren. Es stört die junge Frau, dass die Schwangerschaftskomplikation nicht gut erforscht ist.

    Yardimci klingt gefasst, wenn sie über ihre Schwangerschaft erzählt. Teils kann sie sogar darüber lachen. Das war nicht immer so. „Ich würde mich als resilienten Menschen bezeichnen, aber das war zu viel“, erzählt sie. Teilweise habe sie einfach angefangen zu weinen. „Man fühlt sich total abgekapselt und allein.“ Und das, obwohl ihr Mann und ihre Familie sie durchgehend unterstützt hatten. Jetzt hofft sie nur, dass die Übelkeit nicht bis zum Ende der Schwangerschaft anhält, und freut sich auf die Zeit danach. (AZ)

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