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Muttermilch ist für Frühchen ganz wichtig

Schwangerschaft und Geburt

Muttermilch ist für Frühchen ganz wichtig

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    Muttermilch ist für Frühchen ganz wichtig
    Muttermilch ist für Frühchen ganz wichtig Foto: Family Veldman

    Der kleine Leon  hatte es sehr eilig. Mit gerade einmal 684 Gramm wurde er am ersten Weihnachtstag 2020 per Kaiserschnitt noch in der 27. Schwangerschaftswoche auf die Welt geholt. Viel zu früh. Noch während sich seine Mama Annika auf der Intensivstation von dem Eingriff erholte, wurde sie von einer Stillberaterin der Klinik angesprochen, um ihr Unterstützung beim Abpumpen von Muttermilch anzubieten.

    „Ich war damals überhaupt noch nicht aufs Stillen vorbereitet und dachte auch, das funktioniert jetzt noch gar nicht“, erzählt die 28-Jährige. Doch nachdem sie sich zeigen hat lassen, wie eine Milchpumpe funktioniert, klappte es. „Zu Anfang war es mühsam und es kam auch noch nicht viel Milch“, erinnert sie sich. Doch nach und nach ging es immer besser, das Milchangebot passte sich der Nachfrage an und die Motivation durch die Stillberaterin ließ Annika durchhalten.

    Bis zu zwölf Mal täglich Muttermilch abgepumpt

    Während der kleine Leon die ersten drei Monate noch auf der Frühgeborenenstation verbringen musste, pumpte sie zehn bis zwölf Mal täglich Milch ab, fuhr diese in die Klinik und fütterte ihn. Immer wieder legte sie ihn auch an die Brust, wo er „gleich wusste, was zu tun war“, sagt sie schmunzelnd. Als er dann endlich nach Hause durfte, konnte sie die Pumpe zur Seite legen und ihn stillen - das erleichterte vieles. Was blieb, war immer die Angst, er würde zu wenig bekommen und nicht genug zunehmen. Doch auch diese Bedenken konnte Rosi Vollhüter zerstreuen. Sie ermunterte die junge Mutter, Leon durchaus mal zu fordern und machte ihr immer wieder Mut. Inzwischen ist Leon zehn Monate alt und erhält neben der wertvollen Muttermilch auch Beikost. Und falls es mal Probleme gibt, „kann ich Rosi jederzeit anrufen“, sagt Annika.

    Hilfreiche Unterstützung für Mutter und Kind

    Das Beispiel zeigt, wie wichtig die Unterstützung der Mutter in solchen Fällen durch ausgebildete Fachkräfte ist. Denn gerade nach einer Frühgeburt sind die Frauen anfangs verunsichert, vertrauen ihrem Körper nicht mehr, fühlen sich selbst nicht gut und trauen sich die Ernährung dieser winzigen Säuglinge allein über Muttermilch nicht zu. Dabei ist gerade die Vormilch, Kolostrum genannt, für jedes Neugeborene und besonders für Frühgeborene, so wichtig, weil sie alle lebenswichtigen Nährstoffe enthält, am besten vertragen wird und die Verdauung sowie das Immunsystem der Kleinen ankurbelt.

    In der Kinderklinik Augsburg|Mutter-Kind-Zentrum Schwaben an der Uniklinik Augsburg gibt es deshalb seit fünf Jahren ein Stillberatungsteam, das die Mütter nach der Entbindung berät und unterstützt. Ihm gehört auch Rosi Vollhüter an. Die Kinderkrankenschwester sowie Still- und Laktationsberaterin, IBCLC, ist auch Nachsorgeschwester beim Bunten Kreis und unterstützt Frauen während ihres Klinikaufenthalts und nach der Entlassung mit praktischen Tipps rund ums Stillen sowie mental.

    Erstmal andere Sorgen

    „Die Ernährung und das Gewicht der Neugeborenen ist für die Mütter zwar ganz wichtig, aber weil viele Babys oft schwer krank oder extrem unreif sind, haben ihre Mütter erst mal ganz andere Sorgen, als sich mit dem Stillen zu befassen“, erzählt Vollhüter von der Überzeugungsarbeit, die sie oft leisten muss. „Auch wenn anfangs nicht viel Milch kommt und die Babys auch nur wenige Milliliter trinken, ist es wichtig, gleich mit dem Abpumpen zu beginnen, um die Milchbildung anzuregen und das wertvolle Kolostrum zu nutzen“, weiß Vollhüter.

    Das kann Oberarzt Dr. Wilfried Schenk nur bestätigen. Auch der Leiter der Neonatologie und Pädiatrischen Intensivmedizin an der Klinik für Kinder und Jugendmedizin macht den Frauen Mut zum Anlegen: „Der Such- und Saugreflex ist bei Frühgeborenen schon vorhanden, auch wenn ihnen oft noch die Kraft fehlt, um selbst zu trinken, die Brustwarze noch zu groß für sie ist und sie erst lernen müssen, wie der Wechsel zwischen saugen, trinken und atmen funktioniert.“

    Anlegen ist wichtig

    Ein weiterer Pluspunkt: Beim Anlegen lernen sie gleich den Geschmack von Milch kennen und dass sie so ihren Hunger stillen können. Und je älter sie werden, umso besser funktioniert das Trinken und umso mehr Milch wird gebildet und zwar mit genau den Inhaltsstoffen, die zum Alter der Babys passen.

    Und: Auch bei den allerkleinsten Frühgeborenen, bei denen erst milliliterweise die Nahrungsmenge gesteigert wird und die ihre gesamte Nahrung noch über eine Magensonde zugeführt bekommen, kann das Kolostrum schon zum Benetzen der Mundschleimhaut verwendet werden. Muttermilch hilft auch hier, den Nahrungsaufbau zu beschleunigen und die Zeit, in der die Winzlinge über Infusionen zusätzlich ernährt werden müssen, zu verkürzen.

    Nahrung, Gesundheitsschutz und Geborgenheit in einem

    Dr. Schenk und Rosi Vollhüter können den Frauen noch einen weiteren Vorteil des Stillens nennen: Weil das Baby hierbei dicht an der Mutter liegt, nimmt es über sie auch deren Hautflora auf, was zu einer natürlichen Besiedelung des Magen-Darm-Traktes mit schützenden Bakterien beiträgt.

    Diesen Effekt macht sich auch die so genannte Kängurupflege zunutze, die auf der Station seit über dreißig Jahren gängige Praxis ist. Das Frühgeborene liegt dabei zugedeckt Haut auf Haut auf Brust oder Bauch von Mutter - oder Vater. Das regt bei den Frauen nicht nur die Milchbildung an, sondern es entsteht ein ganz wichtiger, früher Bezug zu den Eltern, der Kinder für ihr Leben stärkt und sie stressresistenter macht.

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