Ursprünglich als Erzieherin tätig, arbeitete Bianca Kunz viele Jahre in einem Kindergarten und leitete eine große Kindertagesstätte an der Uniklinik Augsburg. Seit der Geburt ihrer Kinder widmet sich ihre Leidenschaft den ganz Kleinen. Die Arbeit mit den Babys bereitet ihr große Freude, da sie diese von hilfsbedürftigen Säuglingen zu durchschlafenden einjährigen Kleinkindern begleiten kann. In der geschützten Atmosphäre ihrer Kurse entstehen wertvolle Gespräche, in denen sich Eltern über die Höhen und Tiefen des neuen Alltags mit einem Baby austauschen können.
In ihrem Arbeitsalltag erlebt Bianca oft Eltern, die am Rande ihrer Kräfte sind, weil ihre Kinder nicht gut schlafen. Sie kennt das aus eigener Erfahrung, da ihre eigenen Kinder nur schwer Ruhe fanden. Deshalb absolvierte sie 2017 eine Ausbildung zum Schlafcoach für Babys und Kleinkinder. Sie lernte dabei viel über den Schlafrhythmus von Babys und wie sie lernen können, allein einzuschlafen. Ihr Ansatz legt Wert darauf, dass Eltern liebevolle Begleiter sind und Babys nie allein lassen. Unser Interview mit ihr ...
Problem: Langes Einschlafen, häufiges Aufwachen – die Ursachen
Was sind die häufigsten Ursachen für Schlafprobleme bei Kleinkindern und Babys und wie wirken sich diese auf die Schlafqualität aus?
Bianca: Schwierig wird das Schlafen des Kindes für viele Familien, wenn das Kind sehr lange braucht, um einzuschlafen oder nachts häufig aufwacht. Das Empfinden, wann etwas zum Problem wird, ist dabei unterschiedlich. Manche Eltern kommen besser mit Schlafunterbrechungen zurecht, manche weniger gut. Die Ursachen für Schlafprobleme können dabei sehr unterschiedlich sein. Das ist dann die Aufgabe für mich als Schlafcoach, das herauszufinden.
Welche langfristigen Auswirkungen kann Schlaflosigkeit bei Kleinkindern und Babys auf ihre Entwicklung und Gesundheit haben?
Bianca: Wie bei allen Menschen kann sich auch bei Kindern mangelnder Schlaf auf die Gesundheit auswirken. Die Kinder sind am Tag unausgeglichen und haben wenig Geduld im Spiel. Sie sind zu müde zum Entdecken, Spielen oder Essen und unfallgefährdeter. Oft finden sie nur kurz in den Schlaf vor Erschöpfung und wachen bald wieder auf. Diese Nickerchen reichen dann aber nicht zur Erholung aus und ein Teufelskreis entsteht.
Wie kann man den Unterschied zwischen normalen Schlafschwierigkeiten und einem ernsthaften Schlafproblem bei einem Kleinkind oder Baby erkennen?
Bianca: Das ist zum Einem abhängig vom Empfinden und den Ressourcen der Eltern. Manche sind schneller erschöpft, andere sehen es noch nicht als Problem, wenn sie Viermal nachts von ihrem Kind geweckt werden. Wieviel Hilfe ein Kind beim Schlafen braucht, ist auch altersabhängig. Ein Neugeborenes kann sich noch nicht gut selbst regulieren und braucht mehr Unterstützung beim Schlafen. Ein Kind mit einem Jahr kann es dagegen in den meisten Fällen schon gut lernen, in der Nacht durchzuschlafen.
Schlafcoaching als Hilfe für Eltern und Kind
Welche speziellen Techniken und Ansätze wenden Sie als Schlafcoach an, um Schlafprobleme bei Kleinkindern und Babys zu lösen?
Bianca: Erst einmal frage ich die Eltern ganz viel zu dem Thema:
- Seit wann besteht das Problem?
- Wie wirkt es sich aus?
- Wie ist der Schlaf am Tag? Wie in der Nacht?
- Wie isst das Kind?
- Wie kann es sich am Tag regulieren?
- …
Außerdem schreiben die Eltern ein Schlafprotokoll über den Zeitraum einer Woche. Aus diesen Antworten und Ergebnissen erstelle ich die Schlafanalyse und erarbeite zusammen mit den Eltern eine individuelle Lösung für das Schlafproblem ihres Kindes. Das sieht bei jeder Familie anders aus, da auch jede Familie anders ist, andere Bedürfnisse und Rahmenbedingungen hat, die es zu berücksichtigen gilt.
Wie Eltern dem Kind beim Einschlafen helfen können
Welche Techniken und Methoden können Eltern selbst anwenden, um sanftes Schlaftraining bei ihren Kleinkindern und Babys durchzuführen?
Bianca: Wichtig ist es erst einmal für die Eltern zu verstehen, warum sich ihr Kind in bestimmten Situationen so verhält. Ich vermittle den Eltern im Coaching immer auch etwas an Schlaftheorie und Entwicklungsforschung, damit sie die Reaktionen ihres Kindes besser einordnen und nachvollziehen können. Daraus erarbeiten wir dann einen Schritt-für-Schritt-Plan, den die Eltern aufgrund ihrer Ausgangslage und ihren Zielen gehen können. Das können kleine Schritte sein oder auch mal größere.
Es gibt keine Zeitvorgabe, wann etwas verändert werden muss. Das entscheiden die Eltern für ihre Situation und die Bedürfnisse ihrer Familie selbst. Manchmal müssen Veränderungen schnell angegangen werden, weil zum Beispiel die Kita-Eingewöhnung ansteht. In anderen Fällen lassen sich die Eltern viel Zeit und auch das kann ein guter Weg sein.
Welche Ratschläge können Eltern bei nächtlichem Aufwachen oder Schlafunterbrechungen von Kleinkindern und Babys befolgen, um den Schlafzyklus zu fördern?
Bianca: Erst einmal Ruhe bewahren und dem Kind Ruhe und Sicherheit vermitteln. Wenn die Eltern beim Aufwachen in Stress geraten, überträgt sich das ganz schnell und die Unruhe des Kindes steigert sich. Nächtliches Erwachen geschieht in Entwicklungsschüben häufiger und flacht dann wieder ab. Es ist zeitweise also normal und legt sich wieder. Wenn die Schlafunterbrechungen regelmäßig sind oder sich gar häufen, macht es Sinn, sich als Elternteil seine Tagesstruktur genauer anzuschauen.
- War da vielleicht viel Neues und viel Unruhe für das Kind?
- Wie läuft der Alltag bei uns ab?
- Kann ich die Bedürfnisse meines Kindes nach Nähe, Selbständigkeit, Pause und Aktion gut in unserem Ablauf integrieren?
Es ist gut, in unruhigen Zeiten zu versuchen, den Alltag zu entschleunigen und zu strukturieren.
Unterstützung bei Schlafproblemen
Welche Ressourcen oder Unterstützung stehen Eltern zur Verfügung, wenn sie mit Schlaflosigkeit bei ihren Kleinkindern und Babys konfrontiert sind?
Bianca: Jede Familie hat andere Ressourcen oder Unterstützung. Wenn die Großeltern nicht berufstätig sind und in der Nähe wohnen, kann das oft eine große Unterstützung im Alltag sein. Alleinerziehende Elternteile dagegen haben es oft schwerer, da sie viele Dinge ganz allein mit ihren Kindern machen und dann die Belastung schnell sehr groß wird. Wichtig ist es dann, sich Unterstützung zu suchen und auch anzunehmen. Das können Familienmitglieder, Freunde oder ein Babysitter sein, die im Alltag unterstützen und die Familie entlasten.
Ein Schlafcoach ist eine gute Möglichkeit, sich von außen Hilfe und professionelle Unterstützung zu holen. Hier wird man persönlich zu seinen Fragen und Schwierigkeiten beraten und bekommt individuelle und maßgeschneiderte Hilfe für die Schlafsituation seines Kindes. Ein neutraler Blick auf die Situation ist oft sehr hilfreich, wenn man sich selbst nicht mehr klar sehen kann vor lauter Schlafmangel. Oft bekommen Eltern gefragt oder ungefragt viele gut gemeinte Ratschläge, in denen sie sich aber nicht wiederfinden oder am Ende verwirrter sind als zu Beginn. Ein Schlafcoach hilft einem aus dieser Situation heraus und verschafft Klarheit und Sicherheit im Umgang mit der Schlafsituation des Kindes.
Gibt es Empfehlungen zur Schlafenszeit und zum Schlafritual, die Eltern für Kleinkinder und Babys beachten sollten?
Bianca: Die Schlafdauer beziehungsweise Häufigkeit des Schlafes ist altersabhängig und ändert sich gerade im ersten Lebensjahr sehr schnell. Einschlafrituale und immer gleiche Abläufe beim Einschlafen helfen den Kindern, gut in den Schlaf zu kommen. Wichtig ist dabei vor allem, dass das Ritual mit Ruhe und Liebe stattfindet, sozusagen den Bindungsspeicher des Kindes für die Nacht auffüllt, sodass das Kind die Eltern gut loslassen kann.
Schlafprobleme bei älteren Kindern?
Wie können Eltern den Übergang von Schlafproblemen bei Kleinkindern zu einem gesunden Schlafverhalten unterstützen, wenn sie älter werden?
Bianca: Wenn die Kinder älter werden, gilt es immer wieder, den Schlaf des Kindes an seine aktuellen Bedürfnisse und seinen Entwicklungsstand anzupassen. Da sich vor allem kleine Kinder sehr schnell entwickeln, muss man sich hier immer wieder neu orientieren und sein Kind gut beobachten. Die Menge der Tagschläfchen nimmt beispielsweise mit dem Alter ab, es sollte aber auch nicht zu früh auf den Tagschlaf verzichtet werden.
Je älter die Kinder sind, desto mehr können sie allein und desto größer wird ihre Selbstwirksamkeit. Dieses Bedürfnis gilt es auch beim Schlaf zu berücksichtigen. Wichtig ist es, sein Kind gut zu kennen und liebevoll zu begleiten, um die Veränderungen in seiner Entwicklung und die Bedürfnisse seines Kindes wahrzunehmen und sein eigenes Erziehungsverhalten immer wieder neu danach auszurichten.
Die richtige Schlafumgebung für Babys und Kleinkinder
Welche Rolle spielt die Schlafumgebung in Bezug auf den Schlaf von Kleinkindern und Babys und wie kann sie optimiert werden?
Bianca: Die Schlafumgebung ist wichtig für das Kind, um sich sicher und wohlzufühlen und sich gut in den Schlaf fallen lassen zu können. Es sollte möglichst immer der gleiche Schlafplatz sein, damit dieser dem Kind vertraut ist. Zu viele Reize wie zum Beispiel zu viele Kuscheltiere oder Spielsachen in Bettnähe beim Einschlafen lenken vom Schlafen ab und stören den Einschlafprozess.
Die Sicherheit im Kinderbett ist ebenfalls wichtig für einen sicheren Schlaf. So sollen Kleinkinder unbedingt in einem Schlafsack und nicht mit Decke und Kissen schlafen, um nicht darunter zu ersticken. Große Kuscheltiere, herabhängende Schnüre oder Schnullerketten im Bett sind ebenfalls eine Unfallgefahr sowie Steckdosen oder Nachttischlampen mit Kabel in Bettnähe. Es sollte auch nicht zu warm im Schlafzimmer sein, um eine Überhitzung zu vermeiden. Eine optimale Schlaftemperatur liegt bei 16 bis 18 Grad Celsius
Wer mehr über Bianca und ihren Beruf als Schlafcoach erfahren möchte oder als Elternteil gerne Kontakt aufnehmen möchte, kann dies über ihre Website machen.