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Triple-negativ: Interview mit einer Brustkrebs-Patientin

Krebserkrankungen

Triple-negativ: Interview mit einer Brustkrebs-Patientin

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    So laufen Chemo und Behandlung nach dem Befund triple-negativ ab.
    So laufen Chemo und Behandlung nach dem Befund triple-negativ ab. Foto: vmm

    Corinna S. ist 37 Jahre alt, Mutter eines fünfjährigen Kindes und Vertriebsassistentin in einem Immobilienbüro in Gersthofen. Mitte Dezember 2020 entdeckte sie zufällig einen kleinen Knoten am Brustbein. 

    „Meine Frauenärztin wäre zunächst nur von einer Zyste ausgegangen“, beginnt Corinna. „Aber wegen der Krankheitsgeschichte meiner Mutter schickte sie mich direkt in die Radiologie zur Mammo- und Sonografie.“ 

    Wie kam es zum Befund? 

    Die Radiologin hat dann eine Stanzbiopsie durchgeführt – dabei wird gleich vor Ort ein Stück Gewebe entnommen. Zwei Tage später war klar: das ist ein „Triple-negativ“ also ein hoch-aggressiver Tumor. 

    „Zum Glück war der Tumor bei der Diagnose erst acht Millimeter groß“, sagt Corinna. Ab zwei Zentimetern hätte er wahrscheinlich schon gestreut. „Und ich war erst vier Monate vorher in der Radiologie. Da war noch nichts zu sehen.“ 

    „Triple-negativ“ – das ist wohl erst einmal ein großer Schock? 

    „Ja. Da habe ich im ersten Moment vollkommen den Boden unter den Füßen verloren. Du fällst in ein Loch und weißt gar nicht, was passiert. Zu dem Zeitpunkt war mein Sohn noch nicht einmal vier Jahre alt. Man hat Angst – es holt einen einfach ein. Bei meiner Mutter ging das mit der Krankheit relativ easy. Es war altersbedingt. Bei mir was es ganz was Anderes.“ 

    Daraufhin hat die Familie sofort psychoonkologische Unterstützung angefordert. „Weil ich ja gar nicht wusste, wie ich das mit dem Kind schaffen soll.“ Bei der psychoonkologischen Begleitung wird die Akutphase begleitet. „Und das kann ich wirklich sehr empfehlen. Aber es gibt in Augsburg auch ein sehr gutes Netzwerk für Familientherapie“, sagt Corinna. „Da habe ich über „KiYo - Kids and Youngsters“ eine Familientherapeutin an die Hand bekommen, deren Hilfe wir bis vor Kurzem noch in Anspruch nehmen konnten. So waren wir alle ein bisschen beruhigter und konnten einen Weg durch diese Zeit finden.“ 

    Was waren dann die weiteren Schritte? 

    „Ich musste mein Herz untersuchen lassen, um herauszufinden, ob es die Therapie mitmacht“, erzählt Corinna. „Am 22. Dezember war ich bereits in der Chemo-Ambulanz. Die Oberärztin dort hat uns dann erklärt, was nun auf uns zukommt. Und im Januar ging die Chemo schon los. Also lag nicht viel Zeit dazwischen.“ 

    Die Therapie umfasst acht Zyklen. Einer davon dauert etwa drei Wochen. Vier Zyklen lang wurde Corinna Schmidt mit Paclitaxel behandelt, danach vier Zyklen lang mit EC (Epirubicin und Cyclophosphamid). „Witzigerweise sah das Arzneimittel aus wie Campari in der Infusionstüte,“ lacht Corinna, die sich auch während ihrer Behandlungsphase einen Funken Humor bewahren konnte. 

    Wie belastend ist die Chemotherapie im Fall von "triple-negativ"? 

    „In den Wochen, als ich Paclitaxel einnahm, ging es mir super. Die Chemo hat mir zwar die Haare genommen, aber ich litt nicht an Übelkeit, konnte spazieren gehen, mich bewegen und Fahrradfahren.“ Sie hat sich auch in der Klinik einen Port, also einen festen Zugang, legen lassen. Das sei eine große Erleichterung für Venen und Arme, denn außerhalb der Blutbahn könnten die Medikamente schlimme Schäden am Gewebe anrichten. 

    Dennoch ist eine Chemotherapie, besonders in den Anfangszeiten von Corona, mit Herausforderungen verbunden. Für Krebspatient:innen besteht ein erhöhtes Risiko. „Daher musste ich mich so gut wie möglich isolieren“, erklärt Corinna. „Das haben wir auch komplett durchgezogen. Von Dezember 2020 bis zur OP am 06. Juli 2021 waren wir nur zu dritt zuhause. Niemand sonst. Das war schon eine sehr große Herausforderung. Unser Junior ging nicht in den Kindergarten in dieser Zeit. Dann kamen irgendwann die Impfungen. Wir haben uns natürlich sofort impfen lassen.“ 

    Also hat die Pandemie eure Situation zusätzlich erschwert? 

    „Zum einen war sie natürlich eine Belastung“, beginnt Corinna. „Aber zum anderen hatte sie auch ihr Gutes“, führt sie weiter aus. „Als ich EC bekommen habe, ging es mir mies. Ich bin eine Woche lang nur auf der Couch gelegen. Dieser Zustand wäre schwerer zu ertragen gewesen, wenn es Corona nicht gegeben hätte. Wenn Kindergeburtstage stattgefunden hätten, Familienfeiern oder andere Feste. Dann hatte man mehr verpasst. Davon abgesehen war die Bereitschaft viel größer, kranke Menschen zu schützen. Eine Maske zu tragen und so weiter. Also darf man Corona nicht nur Negatives zusprechen.“ 

     Fällt es dir schwer, über den Krebs zu sprechen? 

    „Ich bin schon immer offen mit dem Thema umgegangen. Ich habe auch eine Freundin vor wenigen Jahren an die Krankheit verloren, die war gerade Anfang 30", erinnert sich Corinna.  “Und ich finde, es ist nichts schlimmer, als wenn man das Päckchen mit sich allein herumtragen muss. Ich bin auch mit der Glatze spazieren gegangen, habe das immer offen nach außen getragen. Weil ich mir dachte: Geteiltes Leid ist halbes Leid.“ 

    Aber nicht allen fällt das leicht: „Einige Freundinnen, mit denen ich seit vielen Jahren befreundet war, hatten ein Problem damit, mit mir in Kontakt zu treten. Weil sie einfach nicht wissen, wie sie damit umgehen sollen. Irgendwann sieht man einem ja an, dass man krank ist. Man wird blass, hat keine Haare mehr, keine Augenbrauen, keine Wimpern, man ist aufgedunsen von dem ganzen Kortison, das man nimmt. Ich mache da niemandem einen Vorwurf. Wahrscheinlich hätte ich es an ihrer Stelle auch nicht besser machen können.“ 

    Wie geht es nach "triple-negativ" jetzt weiter? 

    Anders als bei anderen Brustkrebs-Arten kann man beim Befund „triple-negativ“ nicht mehr viel tun, außer sich sportlich zu betätigen und auf die Ernährung zu achten. In den ersten zwei Jahren ist die Rückfall-Quote noch extrem hoch. Doch ein Jahr hat Corinna schon hinter sich. 

    In einem vierteljährigen Turnus geht sie zur Brustuntersuchung beim Gynäkologen. Einmal im Halbjahr außerdem zum radiologischen Ultraschall und zusätzlich noch zur Mammografie. Doch die Nachsorge reicht nicht aus. Daher hat sich Corinna an eine onkologische Praxis gewandt, die die Nachsorge intensiver begleitet. 

    Was möchtest du den Leser:innen noch mit auf den Weg geben? 

    „Das absolut wichtigste im Zusammenhang mit dieser Krankheit ist, sich regelmäßig untersuchen zu lassen und selbst abzutasten“, erklärt Corinna. Man kann Brustkrebs ertasten und ihm vorbeugen. Am besten geht es unter der Dusche, da die Finger über nasse Haut leichter gleiten können, und monatlich nach der Regel.

    Auch die Krebsvorsorge sollte man in jedem Fall wahrnehmen. „Da ist die Initiative ‚Discovering Hands‘ eine ganz tolle Sache. Da tasten blinde Frauen, die speziell dafür ausgebildet sind, und ja einen viel ausgeprägteren Tastsinn besitzen als wir, die Brust ab. Und wenn ihnen etwas komisch vorkommt, geben sie das an die Frauenärzt:innen weiter.“ So senken Sie Ihr Krebsrisiko. Und eine weitere Neuigkeit aus der Krebsforschung: ein neuer Bluttest erkennt 50 Krebsarten.

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