Einen gewissen Vorrat an Medikamenten hat jeder zu Hause. Fehlt etwas, geht es zum Arzt, in die nächstgelegene Apotheke oder in eine Notdienstapotheke. Mit der Zeit sammeln sich so einige Arzneimittel an. Dabei lohnt sich ein Blick auf das Verfalldatum. Denn das eine oder andere Medikament ist möglicherweise abgelaufen.
Silvija Deuringer hat an der LMU in München Pharmazie studiert und ist seit 20 Jahren als Apothekerin tätig, aktuell in der Casania-Apotheke in Augsburg-Pfersee. Außerdem steht sie Menschen mit Darm- und Ernährungsproblemen mit Rat und Tat zur Seite. In der Vergangenheit haben wir die zusätzlich ausgebildete Ernährungsberaterin zur (Un-)Gesundheit von Heißgetränken interviewt. Dieses Mal ging es um abgelaufene Medikamente …
Hausapotheke regelmäßig ausmisten
Die Hausapotheke sollte regelmäßig überprüft und ausgemistet werden. Wie oft empfehlen Sie?
Deuringer: Das kommt ein bisschen drauf an, welche Mengen an Medikamenten man zu Hause hat und welche Medikamente vorrätig gehalten werden. Da wir – Gott sei Dank – noch eine gute flächendeckende Apothekenversorgung sowie Notdienstapotheken haben, ist es in der Regel nicht weiter tragisch, wenn man ein abgelaufenes Medikament zu Hause vorfindet, sich ein neues Medikament in der Apotheke holt und dann außerdem vielleicht den Motivationsschub bekommt, seine Hausapotheke auszumisten und aufzufrischen. Wichtig ist, sich immer wieder die Zeit zu nehmen, auf das Verfalls- oder Anbruchsdatum des Arzneimittels zu schauen.
Patienten mit Dauermedikation haben in der Regel kein Problem mit verfallenen Medikamenten, da sie diese regelmäßig einnehmen müssen. Oft ist es auch die Urlaubsvorbereitung einer Reiseapotheke, bei der dann auffällt, dass das eine oder andere Medikament abgelaufen ist.
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Keine abgelaufenen Medikamente einnehmen!
Welche Folgen kann es haben, abgelaufene Medikamente einzunehmen?
Deuringer: Nach dem Verfalldatum oder der Aufbrauchfrist, die vom Hersteller in groß angelegten Tests ermittelt werden, kann es nachweislich zum Wirkstoffzerfall kommen. Das Medikament verliert also einmal seine Wirksamkeit.
Es kann aber auch zum Zerfall von Hilfsstoffen wie Konservierungsmitteln kommen – und somit zur unkontrollierten Vermehrung von beispielsweise Bakterien. Die so zerfallenen Substanzen können außerdem einen schädlichen Einfluss auf unseren Körper haben und die Qualität und Unbedenklichkeit sind nicht mehr gewährleistet.
Verfalldatum auf Medikamenten
Lebensmittel kann man eine gewisse Zeit nach Mindesthaltbarkeitsdatum konsumieren. Wie ist das bei Medikamenten?
Deuringer: Die meisten Verpackungen geben das Verfalldatum mit einem Monat und einer Jahreszahl an, beispielsweise findet sich auf Paracetamol-Tabletten die Angabe „Verwendbar bis 08/23“. Das Medikament kann dann bis Ende des genannten Monats, also im Beispiel der Schmerztabletten bis zum 31. August 2023, genutzt werden.
Nach dem Öffnen aufbrauchen bis …
Das Verfalldatum gilt allerdings nur bei ungeöffneten Arzneimitteln, oder?
Deuringer: Es gibt eine Unterscheidung bei Mehrdosenbehältnissen wie Säften, Lösungen oder Salben. Dort steht im Beipackzettel bei Augentropfen zum Beispiel „Nach dem Öffnen innerhalb von vier Wochen aufbrauchen.“ Die Aufbrauchfrist ist unterschiedlich, daher immer individuell dem Beipackzettel entnehmen – und ganz wichtig: Sofort beim Öffnen der Mehrdosenbehältnisse das Anbruchdatum sowohl auf der Umverpackung als auch direkt auf dem Arzneimittel notieren!
Nach dem Öffnen kommen Salben, Säfte und Lösungen mit Sauerstoff in Berührung. Außerdem besteht Kontaminationsgefahr. Durch den Gebrauch verderben sie viel schneller als das Verfalldatum angibt, das nur bei einer ungeöffneten Flasche oder Salbe gilt. Auch hier sind dann nach der Aufbrauchfrist Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit von dem Arzneimittel nicht mehr gewährleistet.
Medizin richtig lagern – so geht´s
Gibt es weitere Faktoren, die die Haltbarkeit von Medikamenten beeinflussen?
Deuringer: Die meisten Medikamente sollten nicht über 25 Grad Celsius gelagert werden. Nicht-Einhaltung beeinflusst den Zerfall. Umso wichtiger ist, zu Hause einen geeigneten Lagerort für den Apothekerschrank zu finden – nicht im Badezimmer, sondern in einem trockenen und kühlen Raum, in den die Sonne nicht direkt hineinstrahlt. Zusätzlich ein gewöhnliches Hausthermometer in den Apothekerschrank zu legen, erleichtert die Lagerungskontrolle.
Gibt es sonst noch etwas bei Arzneimitteln zu beachten?
Deuringer: Unabhängig vom Verfalldatum und der Aufbrauchfrist sollte man Arzneimittel grundsätzlich bei folgenden Auffälligkeiten nicht mehr anwenden:
- Die Verpackung ist aufgebläht.
- Die Tabletten haben Risse oder sind verfärbt.
- Die Konsistenz von Gelen, Cremes, Salben und Zäpfchen hat sich verflüssigt.
- Es entwickeln sich komische Gerüche.
- Klare Flüssigkeiten trüben sich oder flocken aus.