Zur Fastenzeit im vergangenen Jahr wollte es die DAK-Gesundheit wissen. Sie hat über tausend Menschen gefragt, worauf sie am ehesten verzichten könnten. Alkohol war mit 73 Prozent die häufigste Antwort – dicht gefolgt von Süßigkeiten. Erst später kamen in entsprechender Reihenfolge:
- Fleisch
- Rauchen
- Fernsehen
- etc.
Viele Menschen nehmen sich für die Fastenzeit vor, sechs Wochen lang keinen Alkohol mehr zu trinken. Aber ist das wirklich ein Verzicht und so schwer? Und wie wirkt sich das Fasten alkoholischer Getränke auf die eigene Gesundheit aus? Wir haben nachgefragt:
Caritas Augsburg: Wann habe ich eine Alkoholsucht?
„Alkoholkonsum ist in unserer Gesellschaft nach wie vor zu präsent und wird zu oft verharmlost. Wer nicht mittrinkt, gilt häufig noch als ‚Spaßverderber‘“, warnt Burkhard Blienert, Beauftragter der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen. Laut Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums konsumieren fast 7 Millionen Menschen zwischen 18 und 64 Jahren in Deutschland Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa jeder Vierte von ihnen gilt als alkoholabhängig.
Doch bin ich schon süchtig, wenn ich jeden Abend ein Bier trinke? Das ist eine Standard-Frage, weiß Monika Welz. Sie arbeitet bei der Suchtfachambulanz der Caritas in Augsburg und erklärt: „Abhängigkeit ist immer ein Prozess und es geht erst mal um eine Gewöhnung oder Gewohnheit, die sich schnell oder weniger schnell entwickeln kann.“ Man spricht von Alkoholmissbrauch, der in eine Abhängigkeit führt. Eine Sucht macht sich dabei nicht an der Menge, sondern an verschiedenen anderen Kriterien fest – zum Beispiel:
- Habe ich einen starken Drang zu trinken?
- Wenn ich getrunken habe, kommt dann ein Kontrollverlust oder der Drang, immer mehr zu trinken?
Gesundheitliche Vorteile, wenn Sie auf Alkohol verzichten
Wenn man noch nicht von einer Sucht betroffen ist und in der Fastenzeit auf Alkohol verzichtet, hat das gesundheitliche Vorteile. „Alkoholische Getränke sind nicht harmlos, sondern immer mit gesundheitlichen Risiken verbunden. Alkohol ist ein Zellgift und kann alle Organe schädigen. Daher steigt durch Alkoholkonsum das Risiko für zahlreiche Erkrankungen, darunter Leber-, Herz-Kreislauf- und Krebserkrankungen“, erklärt Prof. Dr. Martin Dietrich, Kommissarischer Direktor der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung.
Die Suchtfachambulanz der Caritas in Augsburg geht noch einen Schritt weiter, so Welz: „Ich treffe eine Entscheidung. Wenn ich was nicht mehr tue, also eine Gewohnheit verändere, hat das sowohl einen psychischen als auch einen körperlichen positiven Effekt. Viele, die schon einmal über einen längeren Zeitraum auf Alkohol verzichtet haben, beschreiben, dass man besser schläft, weil die Leber in der Nacht nicht mehr so viel zum Entgiften arbeiten muss. Oft haben sie mehr Energie und Kraft, morgens einen klaren Kopf und fühlen sich tagsüber frischer“, erklärt die Beraterin. Ein weiterer Faktor: Alkohol hat ziemlich viele Kalorien. Trinkt man sechs Wochen keinen, kann sich das auf das Gewicht auswirken.
Tipps für die Fastenzeit ohne Alkohol
Gründe, Alkohol zu fasten, gibt es also viele. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützt deshalb alle, die einige Wochen lang verzichten möchten, mit der jährlichen Online-Fastenaktion. Die „Alkohol? Kenn dein Limit.“-Kampagne bestärkt im alkoholfreien Alltag und hilft, das Fastenziel zu erreichen. Ab dem 2. März können alle Interessierten dann mitmachen und selbst testen: Wie leicht fällt mir die sechswöchige Zeit ohne Alkohol? Welche körperlichen und psychischen Veränderungen stellen sich bei mir ein?
Für alle, die noch Tipps brauchen, um die Fastenzeit auszuhalten, hat Welz von der Suchtambulanz der Caritas einen Rat: „Der größte Tipp ist, zu sagen: Ich plane die sechs Wochen gezielt für mich und stecke einen Vorsatz, der nicht zu hoch ist. Vor allem, wenn man weiß, dass die Fastenzeit schwierig wird – zum Beispiel, weil ein Geburtstag ansteht.“ Außerdem müsse man sich klar machen: Wann trinke ich? Und wenn ich es nicht mehr tun will, was mache ich stattdessen? „Es hilft, etwas anderes zu trinken, zu tun, sich abzulenken – also Gewohnheiten zu durchbrechen, den Alkohol zu ersetzen“, fährt die Expertin fort. Das kann einfach sein:
- Kein Bier mehr zu Hause in greifbarer Nähe haben
- Alkoholfreies Bier oder andere Soft Drinks kaufen
- Das Umfeld motivieren, ebenfalls Alkohol zu fasten
- Statt in eine Bar ins Kino oder in ein Restaurant gehen
„Unsere Fastenaktion ist eine gute Möglichkeit, eigene Gewohnheiten kritisch zu prüfen und dem Körper die Chance zur Erholung zu geben“, motiviert Prof. Dr. Dietrich. Blienert geht einen Schritt weiter: Das Denken müsse sich in Zukunft ändern – und das nicht nur zur Fastenzeit. Auch Welz empfiehlt für alle, die kein Alkoholproblem haben: „Mindestens zwei Tage in der Woche keinen Alkohol trinken!“ (mit pm)
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