Wer kennt es nicht – man ist beim Gemüseschneiden in Gedanken vertieft, und schon landet das Messer im Finger. Solche Unfälle im Haushalt sind meist kein Grund zur Sorge, denn kleinere Wunden verheilen in der Regel fast von selbst. Mit einem Pflaster, etwas Salbe oder Hausmitteln wie Salzwasser und Zink ist es oft schon getan. Bei chronischen Wunden sieht die Lage leider anders aus. Hier ist der Heilungsprozess oft langwierig und kompliziert, sodass auch erfahrene Chirurg:innen häufig noch vor einer Herausforderung stehen. In den letzten Jahren hat sich jedoch eine neue Behandlungsmethode entwickelt, die diesen Prozess deutlich einfacher macht – die Transplantation von Fischhaut. Aber wie funktioniert das genau?
Wann ist eine Wunde chronisch?
Ist der Heilungsprozess einer Wunde so gestört, dass sie sich über mehrere Wochen oder gar Monate hinweg nicht schließt, gilt sie als chronisch. Das kann ganz unterschiedliche Ursachen haben, wie beispielsweise vorige Grunderkrankungen, aus denen sich Wunden entwickeln. Dazu gehören etwa das sogenannte „offene Bein“ (Ulcus cruris venosum), die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) oder das diabetische Fußsyndrom. All diese Erkrankungen erschweren die Wundheilung, da sie oft mit Durchblutungs- und Nervenstörungen einhergehen. Bei Betroffenen dieser Krankheiten werden Wunden deshalb von Anfang an als chronisch eingestuft. Aber auch akute Verletzungen können sich langfristig zu chronischen Wunden entwickeln, etwa nach einem Unfall oder einer schlecht verheilenden Operationsverletzung.
Schnellere Heilung dank Fischhaut-Transplantation
Besteht der Verdacht auf eine chronische Wunde, muss diese so schnell wie möglich behandelt werden. Sonst steigt das Risiko auf mögliche Infektionen, die schlimmstenfalls in Amputationen enden. Mit der Fischhaut-Transplantation geht dieser oft langwierige Prozess jetzt deutlich schneller. Bei dieser chirurgischen Methode kommt aber nicht irgendeine Art von Fischhaut zum Einsatz, sondern meist die von Dorsch oder Kabeljau. Nach dem Fang wird die Haut in Speziallaboren sorgfältig auf ihren medizinischen Einsatz vorbereitet. Das Wichtige hierbei: Die Struktur der Fischhaut, inklusive Omega-3-Fettsäuren, bleibt erhalten.
Warum ausgerechnet Fischhaut?
Dass Ärzt:innen Implantate aus Tierhaut in der Chirurgie verwenden, ist an sich nichts Neues. Bisher waren bei chronischen Wunden Hautimplantate aus Schwein, Rind oder sogar menschlicher Nabelschnur üblich. Das Problem bei diesen Verfahren: Die Implantate besitzen meist eine zu dichte Struktur, sodass die menschlichen Körperzellen sie nicht durchdringen können. Sie bleiben dann an der Oberfläche des Implantats hängen, was die Wundheilung weiter verzögert. Außerdem benötigen sie vor dem medizinischen Eingriff eine intensive Aufbereitung, um die Übertragung von Krankheitserregern einzudämmen.
Bei einer Fischhaut-Transplantation bestehen diese Risiken nicht. Dank ihrer lockeren Struktur und ihrer großen Poren ist sie ein besonders guter Nährboden für unsere eigenen Zellen. Mit der richtigen, schonenden Verarbeitung eignet sie sich also perfekt für eine Transplantation. Auch die Übertragung von Krankheitserregern auf den Menschen ist hier nicht möglich. Darüber hinaus ist Fischhaut besonders reich an Omega-3-Fettsäuren. Diese Stoffe fördern nicht nur die Entstehung neuer Blutgefäße, sondern bremsen auch Entzündungen und schützen vor Viren. Ein Nachteil dieser Behandlungsmethode besteht jedoch: Bisher übernimmt die Krankenkasse keine Kosten dafür. Deshalb ist möglicherweise mit höheren Summen zu rechnen.