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Wie krank macht uns der Klimawandel?

Zunehmende Hitze auch in Deutschland

Wie krank macht uns der Klimawandel?

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    In Südeuropa ist der Klimawandel mit immer mehr Hitzetagen längst angekommen und auch bei uns machen Tage mit weit über 30 Grad vielen Menschen zu schaffen.
    In Südeuropa ist der Klimawandel mit immer mehr Hitzetagen längst angekommen und auch bei uns machen Tage mit weit über 30 Grad vielen Menschen zu schaffen. Foto: Thaut Images, stock.adobe.com

    Der Klimawandel lässt in Deutschland nicht nur die Temperaturen steigen, auch die Zahl der Krankheiten nimmt zu. Längst macht das Wetter nicht mehr nur älteren Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen zu schaffen, auch junge, gesunde Menschen erkranken wegen der Erderwärmung, sagt Professorin Claudia Traidl-Hoffmann. Die Inhaberin des Lehrstuhls für Umweltmedizin an der Universität Augsburg erklärt, wie sich der Klimawandel auf die Gesundheit auswirkt und wie man den häufigsten Krankheitsbildern vorbeugen kann.

    Die Hitze sei in Deutschland das größte Gesundheitsrisiko durch den Klimawandel, sagt Traidl-Hoffmann. „Hitze tötet mehr als 6000 Menschen in Deutschland pro Jahr und macht gleichzeitig Kranke kränker und Gesunde groggy“, erklärt die Medizinerin. Die wichtigste Aufgabe des menschlichen Körpers sei es, die Kerntemperatur im Gleichgewicht zu halten, sagt die Expertin, also bei 36,5 bis 37 Grad.

    Auch junge Menschen trifft der Klimawandel

    Bei Hitze ist das für den Körper bedeutend schwieriger, besonders, wenn eine Person älter ist oder Krankheiten wie Diabetes oder Alzheimer hat. Es könne aber auch für jüngere Menschen ohne Vorerkrankungen gefährlich werden.

    Ein Patient, der mit Hitzschlag im Universitätsklinikum Augsburg in die Notaufnahme eingeliefert wurde, erzählt Traidl-Hoffmann, sei ein noch relativ junger Dachdecker gewesen, seine Körperkerntemperatur habe bei 43 Grad gelegen.

    Bei solchen Temperaturen würden die Eiweiße im menschlichen Körper denaturieren und dadurch ihre Aufgaben nicht mehr erfüllen können, erklärt die Expertin. Das führt zu einem Multi-Organ-Versagen. Oder die Blutgerinnung funktioniert nicht mehr. So war es im Fall des Dachdeckers. Für ihn kam die Hilfe zu spät. „Er konnte nicht gerettet werden, obwohl er zuvor völlig gesund war“, sagt Traidl-Hoffmann.

    Was kann man bei Hitze präventiv tun?

    Präventivmaßnahmen gegen Hitze seien oft naheliegend, erklärt die Augsburger Professorin und zählt auf: Sich mittags nicht zu sehr durch Arbeit oder Sport verausgaben. Die Räume, in denen man sich oft aufhält, verdunkeln, um sie kühl zu halten. Genug Wasser trinken.

    Der Lebensrhythmus müsse an die Hitze angepasst werden. Besonders Angehörige von Risikogruppen und Menschen in ihrem Umfeld müssten geschult werden.

    Klimawandel wirkt sich auch negativ auf Allergien aus

    Ein weiteres Leiden, welches durch den Klimawandel zunehmen werde, seien Allergien, erklärt die Umweltmedizinerin. Durch die klimatischen Veränderungen würden sich die Pollenflugzeiten verlängern. „Wir haben im Prinzip keine Pollensaison mehr, sondern die Pollen fliegen das ganze Jahr.“

    Dadurch würden Patientinnen und Patienten, die auf viele Pflanzen allergisch sind, das ganze Jahr über leiden. Zusätzlich würden auch mehr Pollen pro Tag fliegen. Schadstoffe machen die Pollen zudem aggressiver, so Traidl-Hoffmann.

    Auch Infektionskrankheiten nehmen zu

    Und drittens, erklärt die Augsburger Expertin, würden durch den Klimawandel auch Infektionskrankheiten zunehmen. Ein Teil davon seien vektorübertragene Krankheiten. Sie werden durch Tiere wie Mücken oder Zecken übertragen. Es sind Krankheiten wie Borreliose, Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME), Leishmaniose, West-Nil-Fieber, Dengue-Fieber oder Chikungunya.

    West-Nil-Fieber und Chikungunya sind Krankheiten, die aus wärmeren Klimazonen nach Deutschland gekommen seien, erklärt Traidl-Hoffmann. Zusätzlich würden auch neue Überträger wie die Hyalomma-Zecke oder die Tigermücke nach Europa kommen.

    Auch bei den heimischen Krankheiten gebe es Veränderungen. Die Risikogebiete von beispielsweise FSME oder Borreliose würden sich ausbreiten und die Erreger seien durch das wärmere Klima aktiver. So erhöhe sich auch die Übertragungswahrscheinlichkeit. „Die Fälle von Borreliose haben sich in den letzten fünf Jahren verdoppelt“, sagt Traidl-Hoffmann.

    So kann man sich vor Übertragungen durch Insekten schützen

    Um sich gegen solche vektorübertragenen Krankheiten zu schützen, sollte man möglichst darauf achten, nicht von Zecken gebissen oder von Mücken gestochen zu werden. Dies könne vermieden werden, indem man lange Kleidung trage, wenn man sich in einem Risikogebiet aufhält. Nach dem Aufenthalt solle man seinen Körper nach Zecken absuchen.

    Über den individuellen Präventionsmaßnahmen gegen einzelne Leiden stehe jedoch die Abmilderung des Klimawandels, so Traidl-Hoffmann. Selbst wenn Erkrankungen durch Prävention vermieden oder mit Medikamenten behandelt werden können, habe der Mensch Grenzen, was seine Anpassung an sich verändernde klimatische Bedingungen betreffe. (AZ)

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