Der Bunte Kreis ist eine Nachsorge-, Versorgungs- und Therapieeinrichtung für chronisch-, krebs- und schwerstkranke Kinder. Darin eingebunden betreut der ambulante Kinder- und Jugendhospizdienst zusammen mit einem umfassenden Netzwerk betroffene Familien in der Region Augsburg und Nordschwaben. Achim Saar, seit zwölf Jahren beim Bunten Kreis tätig, hat den Kinder- und Jugendhospizdienst von Anfang an mit aufgebaut. Im Interview mit der Intersana-Redaktion erklärt der Sozialarbeiter, wie die Betreuung der Familien abläuft und welche Herausforderungen diese mit sich bringt.
Warum gibt es einen Hospizdienst speziell für Kinder?
Kinder mit einer lebensverkürzenden oder lebensbedrohenden Erkrankung sind so schwer erkrankt, dass sie das Erwachsenenalter vermutlich nicht erleben werden. Die Prognosen sind jedoch sehr ungewiss. Das ist die Besonderheit an der Kinderhospizarbeit. Die Begleitung der Familien erfolgt häufig über mehrere Monate oder gar Jahre. Dabei sind die Familien immer wieder in Situationen, in denen sie aufgrund der Erkrankung stark belastet sind und akute Hilfe brauchen. Wir unterstützen sie ab der Diagnosestellung, ohne zu wissen, ob das Kind früh versterben oder doch das Jugend- oder Erwachsenenalter erleben wird.
Welche Aufgaben übernimmt der Kinderhospizdienst beim Bunten Kreis in Augsburg?
Im Gespräch mit der betroffenen Familie versuchen wir, die hauptamtlichen Fachkräfte, herauszufinden, welchen Beratungs- und Unterstützungsbedarf sie haben. Es ist wichtig zu wissen, in welcher Situation sich die Familie aktuell befindet und wie wir ihr helfen können. Gemeinsam besprechen wir dann, welche Ressourcen es gibt und definieren Entlastungsangebote. Dazu zählen beispielsweise eine Schulbegleitung oder ein Pflegedienst für das erkrankte Kind. Wir unterstützen auch bei bürokratischen Fragen und Hürden.
Das Herzstück des Kinderhospizdienstes beim Bunten Kreis ist die ehrenamtliche Arbeit. Wir haben ungefähr 35 ehrenamtliche Familienbegleiter:innen, die Familien im Alltag entlasten. Das können ganz unterschiedliche Aufgaben sein, wie etwa das Kind von der Tagesstätte abholen, mit dem Geschwisterkind auf den Spielplatz gehen oder Gesprächspartner:in für die Eltern sein und ein offenes Ohr für ihre Anliegen zu haben. Die Ehrenamtlichen erhalten beim Bunten Kreis eine umfangreiche Schulung vor ihrem Einsatz und werden auch während ihrer Tätigkeit begleitet und angeleitet.
Gibt es Hürden bei der Kinderhospizarbeit?
Allein das Wort „Hospiz“ löst große Betroffenheit aus, wenn es Kinder und Jugendliche betrifft. Umso verständlicher, wenn sich betroffene Eltern mit dem Begriff „Kinderhospiz“ schwer tun. Für sie steht das Leben ihres Kindes im Mittelpunkt, das sie bestmöglich gestalten wollen, ohne ständig an das Sterben erinnert zu werden. Hier gilt es manchmal, Überzeugungsarbeit zu leisten. Wir zeigen auf, wie wir sie unterstützen können und von welcher Hilfe sie profitieren. Dabei wollen wir sie keinesfalls überfrachten. Und wenn Eltern oder Kinder über den Tod sprechen wollen, sind wir die kompetenten Ansprechpartner. Es geht in erster Linie darum, für sie da zu sein, unabhängig davon, was sie gerade brauchen. Wir sehen die Eltern und Kinder als Expert:innen ihrer eigenen Situation, diese gilt es ernst zu nehmen. Die Familien sind in der Art und Weise, wie sie das Thema Tod angehen, sehr unterschiedlich. Manche vermeiden gänzlich darüber zu sprechen, andere gehen ganz offen damit um und holen sich bei uns ganz konkreten Rat.
Wie spricht man mit einem schwerkranken Kind über Sterben und Tod?
Es bedarf natürlich einer hohen Sensibilität und zudem gilt es, die Wünsche der Eltern zu berücksichtigen. Diese klären wir im Vorfeld, so weit es möglich ist, ab. Unser Motto ist: Die Eltern ebenso wie die ehrenamtlichen Familienbegleiter:innen vom Bunten Kreis müssen nicht auf jede Frage eine Antwort haben. „Das ist eine schwere Frage. Darauf weiß ich selbst keine Antwort. Hast du schon mit deinen Eltern darüber gesprochen?“, ist auch eine mögliche Reaktion auf die Fragen der Kinder. Diese haben ohnehin meist eine sehr gute Fähigkeit sich darüber Gedanken zu machen und diese zu äußern. Das Entscheidende ist eigentlich, den Kindern Raum und Zeit zu geben, ihre Sorgen äußern zu dürfen. Die Ehrenamtlichen können grundsätzliche Situationen nicht ändern, nicht die Probleme lösen oder gar therapieren. Aber sie sind gewappnet für solche Fragen. Wichtig ist daher, sich bereits selbst mit der eigenen Beziehung zum Thema Tod und Sterben auseinandergesetzt zu haben. Die Idee der Kinderhospizarbeit ist letztendlich: Das Sterben gehört zum Leben und zum Alltag dazu.
Wie finanziert sich der Kinderhospizdienst und welche Herausforderungen gibt es aktuell?
Der Kinderhospizdienst vom Bunten Kreis in Augsburg wird von Zuschüssen aus Krankenkassen und von Spenden finanziert. Daher sind alle unsere Angebote für die Familien kostenfrei. Wir leisten jedoch nicht die Fachpflege der erkrankten Kinder. Das übernehmen ambulante Pflegedienste. Bei der Vermittlung solcher ambulanten Dienste stoßen wir jedoch aufgrund des Personalmangels bei medizinischen Fachkräften, die schwerstkranke Kinder betreuen können, manchmal an unsere Grenzen. Gerade die Versorgung von Kindern mit speziellen Medikamenten oder wenn eine durchgehende medizinische Beaufsichtigung nötig ist, stellt eine enorme Belastung für die Eltern dar. Wir vom Kinderhospizdienst tun unser Möglichstes, sie zu unterstützen und die Lebensqualität der Familie zu verbessern!