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„Stell dich nicht so an“ – Der Gender-Pain-Gap

Gendermedizin

Gender-Pain-Gap

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    Der Hauptaspekt des Gender-Pain-Gaps? Frauen wird ihr Schmerz oft abgesprochen.
    Der Hauptaspekt des Gender-Pain-Gaps? Frauen wird ihr Schmerz oft abgesprochen. Foto: (C) chawalit

    Die Gender-Pain-Gap bezieht sich auf das Phänomen, dass Schmerzen bei Frauen im Vergleich zu Männern aufgrund von Forschungslücken und Vorurteilen schlechter verstanden und behandelt werden. Dabei werden ihre Beschwerden und Symptome häufig nicht ernstgenommen, weshalb sich ihre Behandlung unnötig in die Länge ziehen kann. 

    Problematische Grundlage des Gender-Pain-Gaps 

    Dass Frauen – durch die Schwangerschaft, Geburt oder ihre Periode - Schmerzen besser aushalten können, ist ein großer Irrglaube. Denn das Gegenteil ist der Fall: Frauen reagieren sensibler auf Schmerzen als Männer, ihr Schmerzempfinden schwankt oft auch in Abhängigkeit von ihrem Zyklus. Es ist belegt, dass Frauen bei einigen Krankheiten wie Migräne und Fibromyalgie häufiger und auch schwerer betroffen sind. 

    Der Hauptaspekt des Gender-Pain-Gaps? Frauen wird ihr Schmerz oft abgesprochen. Ihnen wird gesagt, er sei psychischer Natur oder sie würden überempfindlich reagieren. Die Gründe dafür sind vielfältig. Stereotype und eigentlich längst überholte Rollenbilder prägen noch immer unsere Wahrnehmung. Davor sind auch Ärzt:innen nicht gefeit. So werden die Beschwerden immer wieder oberflächlich durch Stress oder ein hormonelles Problem erklärt, während die Diagnostik bei männlichen Patienten tiefergehender ist und sie eher zu weiteren ärztlichen Untersuchungen geschickt werden. 

    Männerdominierte Medizin 

    In Deutschland durften Frauen erst ab 1910 Medizin studieren. Außerdem dürfen sie erst seit 1993 an klinischen Studien teilnehmen, weswegen in der Gendermedizin noch ausreichend Entwicklungsbedarf besteht und weshalb es überhaupt zu dem Gender-Pain-Gap kam. So bekleiden Männer auch den Großteil der Entscheidungsgremien und Kongresse. Unter diesem Umstand leiden auch Transpersonen und Menschen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen. Stereotypes Denken betrifft verschiedene Thematiken – zum Beispiel, wenn Ärzt:innen psychische Probleme wie Depressionen bei Männern nicht erkennen oder ernstnehmen. Mit ein Grund, weshalb Männer sehr viel häufiger von Alkoholmissbrauch betroffen sind und die Suizidrate bei ihnen höher ist. 

    Der männliche Körper als Standard 

    Geschlechterbilder beeinflussen nicht nur den psycho-sozialen Umgang mit Schmerz und die medizinische Behandlung, sondern auch die Forschung. Denn, da in der Vergangenheit mehr Männer in der Medizin und Wissenschaft gearbeitet haben und Frauen lange von Studien ausgeschlossen wurden, wurde traditionell mehr an Männern geforscht. Oft hat das nachvollziehbare Gründe: So werden Schwangere, Kinder und alte Menschen häufig wegen Sicherheitsbedenken nicht von Studien berücksichtigt. Doch wenn der Mann in Medizin und Gesellschaft als Standard angesehen wird, bleibt das Unverständnis, das der Gender-Pain-Gap mit sich bringt, bestehen. 

    Ein Beispiel aus einem anderen Bereich: Crashtests wurden seit jeher mit Puppen, sogenannten Dummys, durchgeführt, die einem Männerkörper nachempfunden sind. Jahrelang blieb unklar, warum Frauen bei vergleichbaren Verkehrsunfällen schwerere Verletzungen davontrugen und auch ihr Sterberisiko ist deutlich erhöht. Man spricht hier vom Gender –Safety-Gap: der Sicherheitslücke zwischen den Geschlechtern. Seit 2022 gibt es den ersten Dummy mit weiblichem Körperbau, den die schwedische Forscherin Astrid Linder entwickelt hat. Im Gebrauch ist „Eva“ aber noch nicht. 

    Hoffnung für Betroffene des Gender-Pain-Gaps 

    Doch während die Gendermedizin erst langsam Fuß fasst, geht es jetzt schon in die richtige Richtung: Wie zum Beispiel für Migräne-Patientinnen. Eine Studie hat herausgefunden, dass der Entzündungsbotenstoff, der bei Migräne freigesetzt wird, während der Periode besonders erhöht ist. Zudem sind Frauen insgesamt dreimal häufiger von Migräne betroffen als Männer. Allein, dass in den letzten Jahren Bewusstsein hierfür geschaffen wurde, lässt hoffen, dass der Gender –Pain-Gap sich immer weiter verringert. 

    Quelle: Women’s involvement in clinical trials: historical perspective and future implications - PMC (nih.gov) /Die 7 Fakten zu Depression bei Männern | Psychologisches Institut | UZHWarum Migräne häufig während der Menstruation auftritt Charité – Universitätsmedizin Berlin: Charité – Universitätsmedizin Berlin (charite.de) 

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