Es passiert scheinbar aus dem Nichts: Gerade erzählt das Kind noch flüssig von seinem Tag im Kindergarten, da bleiben einfache Wörter plötzlich stecken. Andere wiederholen beim Sprechen die immergleichen Silben oder Laute. Stottern ist vor allem bei Kindern zwischen zwei und sechs Jahren keine Seltenheit. Studien zufolge sind sogar ganze fünf Prozent dieser Altersgruppe betroffen, Jungen noch häufiger als Mädchen. Pädagog:innen vermuten eine gewisse Veranlagung für die Sprachstörung, genaue Ursachen lassen sich jedoch nur schwer festmachen.
Kinder im Vorschulalter befinden sich in einer wichtigen Entwicklungsphase. Egal ob körperlich, sprachlich oder geistig – in dieser Zeit passiert und verändert sich wahnsinnig viel. Somit können zahlreiche Faktoren beim Stottern eine Rolle spielen.
Kein Grund zur Panik!
Wenn das Kind stottert, kann dies bei Eltern nicht nur zu Unruhe, sondern auch schnell zu Selbstvorwürfen führen. So machen Eltern gern offensichtliche Veränderungen wie einen kürzlichen Umzug oder Streit in der Partnerschaft dafür verantwortlich. Diese Sorge ist aber oft unbegründet. Zwar können solche einschneidenden Veränderungen der Auslöser für das Stottern sein, nicht aber der Ursprung. Die Störung wäre vermutlich zu einem anderen Zeitpunkt so oder so aufgetreten, auch ohne Umzug oder Trennung. In den allermeisten Fällen verflüchtigt sich das Stottern nach einiger Zeit außerdem von selbst wieder. Direkt mit dem Kind zur Therapie zu gehen, ist oft also gar nicht notwendig.
Hat sich die Sprachstörung nach drei Monaten immer noch nicht verbessert oder ist sogar schlimmer geworden, ist ein Gespräch mit einem Therapeuten/einer Therapeutin ratsam. Auf keinen Fall sollten Eltern damit bis zur Einschulung warten, denn danach sinkt die Chance auf eine vollständige Heilung. Bei der Suche nach den richtigen Ansprechpartner:innen ist vor allem deren Erfahrung wichtig: Sie sollten sowohl auf die Arbeit mit Kindern als auch auf Sprachstörungen spezialisiert sein. Außerdem sollte ein Elternteil bei der Therapiesitzung dabei sein.
Mein Kind stottert – was nun?
Eltern selbst können das Stottern zwar nicht direkt positiv beeinflussen, ihr Verhalten hat aber trotzdem großen Einfluss auf das Wohlbefinden ihres Kindes. Zu Beginn der Sprachstörung bemerkt das Kind zwar, dass es über einzelne Wörter stolpert, redet jedoch meist trotzdem munter weiter. Ein Bewusstsein für die Störung bekommt das Kind erst, wenn die Umgebung negative Signale sendet. Sprich: Die Eltern oder das Umfeld geben ihm das Gefühl, mit seiner Sprache stimme etwas nicht. Das kann Folgen haben: Betroffene Kinder ziehen sich zurück, wollen nicht mehr mit anderen spielen oder hören schlimmstenfalls vollständig auf zu sprechen. Damit das nicht passiert, ist die Unterstützung der Eltern gefragt.
Besonders wichtig ist es, die Sprache des Kindes nicht zu werten. Sätze wie „Sprich langsamer!“ oder „Denk nach, bevor du sprichst!“ sollten Eltern vermeiden. Auch sollten sie ihr Kind ausreden lassen und einfach ganz normal auf das Gesagte eingehen. Ein Gespräch auf Augenhöhe und viele Berührungen zeigen dem Kind, dass das Gegenüber am Gespräch interessiert ist und kein Grund zur Eile besteht. Das Umfeld kann sensibilisiert werden, indem Eltern das Gespräch mit Verwandten oder Erzieher:innen suchen und sie auf das Stottern ihres Kindes aufmerksam machen.
Rat und Hilfe für Betroffene gibt es bei der Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e. V. (Tel.: 02 21/1 39 11 06) oder bei der Stotterberatungsstelle der LMU (Tel.: 0 89/21 80 51 20).