Etwa jeder zehnte Erwachsene ist von einem sogenannten Karpaltunnelsyndrom betroffen. Es ist die häufigste Erkrankung der peripheren Nerven. „Dabei wird der mittlere Nerv des Unterarms eingeklemmt im Karpaltunnel, einem knöchernen Kanal an der Hohlhandseite des Handgelenkes“, erläutert Dr. Henrich Kele, Facharzt für Neurologie in Hamburg und Experte der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin e.V. (DEGUM).
Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Händen
Die ersten Krankheitszeichen sind fast immer ein Kribbeln und Taubheitsgefühle in einer oder in beiden Händen. „Diese Störungen treten zunächst nachts, im weiteren Verlauf der Krankheit aber auch tagsüber auf und verstärken sich durch Arbeiten mit den Händen oder längeres Halten des Handgelenkes in gebeugter oder überstreckter Stellung, etwa beim Radfahren“, so Kele. So ist es beispielsweise auch bei Petra S. aus Augsburg. „Bei länger andauerndem oder schwerem Karpaltunnelsyndrom können das Gefühl in den Fingern und die Kraft in der Hand dauerhaft beeinträchtigt sein, worunter insbesondere die Fingergeschicklichkeit leidet“, warnt der Experte.
Ultraschall hilft bei der Entscheidung pro oder contra einer Operation.
Zur Diagnose setzen Ärzte eine elektrophysiologische Untersuchung und die Ultraschalldiagnostik (Sonografie) ein. Nach Ansicht der DEGUM bietet die Sonografie zahlreiche Vorteile: „Sie kann den Nerv und seine Umgebung besonders detailliert abbilden“, sagt der Facharzt für Neurologie. „So können beispielsweise genaue Informationen zur Lage der Engstelle und über die Ursache gegeben werden.“ Bei etwa jedem dritten Patienten könnten mittels Sonografie ursächliche Faktoren – wie etwa Sehnenscheidenentzündungen – erkannt werden. Dadurch ist eine besonders effektive Behandlung möglich – und die Entscheidung für oder gegen eine Operation kann letztendlich besonders gut getroffen werden.
Was passiert bei einer OP beim Karpaltunnelsyndrom?
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Fällt die Entscheidung für eine operative Behandlung des Karpaltunnelsyndroms, wird der Mediannerv aus seiner Einengung befreit. Das passiert, indem man das straffe Gewebe, das das Dach des Karpaltunnels bildet, das sogenannte Retinaculum flexorum, vollständig durchtrennt wird. Dadurch wird der enge Karpaltunnel geweitet und der mechanische Druck sofort vom Nerv genommen.
Ultraschalldiagnostik bei fortdauernden Beschwerden
Wenn die Beschwerden nach der Operation fortbestehen oder danach wieder auftreten, ist die Sonografie laut den Experten die wichtigste Untersuchungsmethode. „Per Ultraschalldiagnostik können inkorrekt durchgeführte Operationen, Komplikationen wie beispielsweise schmerzhafte Nervenverletzungen oder präoperativ nicht erkannte Ursachen der Symptome - wie zum Beispiel Nerventumore oder Entzündungen des Nervs - dargestellt werden“, betont Kele.
Sonografie unterstützt bei Behandlung
Und auch wenn das Karpaltunnelsyndrom nicht operiert, sondern konservativ beispielsweise mit einer Unterarmschiene ohne Erfolg behandelt wird, ist der Ultraschall bedeutend: Wenn Kortikosteroide (spezielle Medikamente) per Injektion in den Karpaltunnel gegeben werden, ist dies mit Sonografie-Unterstützung am effektivsten.
Ultraschall-Kompetenz des Arztes oder der Ärztin ist wichtig
Sehr wichtig für die Qualität der Untersuchung ist die Ultraschall-Kompetenz des behandelnden Arztes oder der Ärztin, die sich dieser oder diese durch spezielle Schulungen erwerben kann. DEGUM setzt sich dafür ein, dass die Sonografie beim Karpaltunnelsyndrom möglichst bald in den Katalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen wird. Momentan müssen Patienten diese noch selbst bezahlen. (pm/bif)