Und zwar mit dem so genannten "Holländischen Griff". Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) rät den Griff regelmäßig anzuwenden. Dabei nutzt der oder die Fahrzeugführende immer den rechten Arm, um den Türgriff auf der Fahrerseite zu betätigen. Automatisch dreht sich dabei der komplette Oberkörper und ermöglicht einen gezielten Schulterblick nach hinten, um Radlerinnen und Radler nicht zu übersehen. „Wenn man sich den Holländischen Griff bewusst antrainiert, läuft die Bewegung irgendwann automatisch ab. Der Blick zurück schützt Fahrradfahrer, E-Scooter-Fahrer und Fußgänger vor einem gefährlichen Zusammenprall mit einer sich unerwartet plötzlich öffnenden Autotür“, sagt Prof. Dr. Michael J. Raschke, stellvertretender Präsident der DGOU und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU). Auch Beifahrer und Mitfahrende auf der Rückbank sollten sich den Griff angewöhnen. Sie öffnen die Tür auf ihrer Seite mit der jeweils zur Fahrzeugmitte gerichteten Hand.
Der Holländische Griff wird auch Niederländischer Griff, Holländer-Griff oder Dutch Reach genannt. Routinemäßig angewandt ist er eine wichtige Ergänzung zum obligatorischen Blick in den Seiten- oder Rückspiegel und kann damit ein echter Beitrag zur Unfallvermeidung sein. „Zwar werfen viele Autofahrer vor dem Aussteigen einen Blick in den Seitenspiegel, doch der reicht meist nicht aus. Denn Fahrzeuge oder Verkehrsteilnehmer im toten Winkel werden leicht übersehen“, sagt Dr. Christopher Spering, Leiter der DGOU-Sektion Prävention und Oberarzt an der Klinik für Unfallchirurgie, Orthopädie und Plastische Chirurgie an der Universitätsmedizin Göttingen (UMG).
Für Niederländer Gewohnheit
Die spezielle Art des Türöffnens wird im Nachbarland Niederlande bereits von vielen PKW-Fahrenden routinemäßig praktiziert und hat sich bewährt. „Die Rücksichtnahme auf Fahrradfahrer ist in den Niederlanden stark im Alltag verankert. Dies gilt auch für PKW-Fahrende, denn auch sie sind regelmäßig mit dem Rad unterwegs und wissen daher, welche Gefahren durch plötzlich aufschlagende Autotüren lauern“, sagt Spering. „Wir Orthopäden und Unfallchirurgen empfehlen deshalb, den Holländischen Griff auch in Deutschland in den Fahrschulen zu thematisieren“, sagt Raschke.
Denn durch unterschiedliche Fortbewegungsmittel, höhere Geschwindigkeiten von Pedelecs und E-Bikes sowie neue Fahrzeuge wie E-Scooter ist das Risiko eines Unfalls auf den Straßen nicht kleiner geworden. „Wenn der Fahrradfahrer oder die Fahrradfahrerin Glück hat, kommt er oder sie mit einer Prellung oder Verstauchung am Arm oder Bein davon. Diese sind zwar schmerzhaft, aber sie sind nach einigen Tagen meist wieder ausgeheilt. Schwieriger sind Knochenbrüche, Knieverletzungen, Gehirnerschütterungen oder schwere Kopfverletzungen, die wir in der Klinik sehen“, sagt Raschke.
Jeder siebte Verkehrstote ein Radfahrer
Nach Angaben des Statistischen Bundesamts (Destatis) war im Jahr 2019 jeder siebte Mensch, der im Straßenverkehr ums Leben kam, mit dem Fahrrad unterwegs. Insgesamt starben 445 Radfahrerinnen und -fahrer bei einem Unfall, darunter fuhren 118 ein Pedelec. Die Zahl der getöteten Radfahrenden ist gegenüber 2010 um 16,8 Prozent gestiegen. Laut dem Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club Berlin (ADFC Berlin e.V.) liegt der Anteil der sogenannten Dooring-Unfälle in der Hauptstadt bei weniger als 10 Prozent aller Fahrradunfälle, führt aber sehr häufig zu schweren und mitunter auch tödlichen Verletzungen. In Berlin werden pro Tag im Durchschnitt knapp zwei Unfälle polizeilich registriert, bei denen Autofahrende oder Mitfahrende durch das Öffnen der Autotür Radfahrende zum Sturz bringen. Die Radfahrenden werden dadurch häufig schwer verletzt. Daten aus dem TraumaRegister DGU® zeigen für das Berichtsjahr 2019: Fahrradfahrer haben bei einem Unfall oft nur leichte Verletzungen an Armen und Beinen. Sind sie jedoch schwer verletzt, dann ist sehr oft der Kopf betroffen. (pm)
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