Lisa Ophüls hat vor sieben Jahren den Verein Hunde fürs Leben e. V. gegründet. Aufgrund einer fortschreitenden Körperbehinderung ist sie auf einen Assistenzhund angewiesen. Unseriöse Erfahrungen haben sie davon überzeugt, ehrenamtlich Assistenzhunde auszubilden, um andere Betroffene zu unterstützen.
Was ist ein Assistenzhund und wie kann er den Menschen in ihrem Alltag helfen?
L. Ophüls: Assistenzhunde helfen Personen mit einer langandauernden Behinderung dabei, die damit verbundenen Einschränkungen ein Stück weit auszugleichen. Auch psychisch kranke Menschen können bei einer lebenslangen Erkrankung eine solche Hilfestellung in Anspruch nehmen. Das Tier ersetzt jedoch keine Psychotherapie oder psychiatrische Medikation. Der Assistenzhund lernt ein spezifisches Anzeigeverhalten für einen Zustand, über den der oder die Besitzer:in informiert werden soll. Das bekannteste Beispiel ist der Blindenführhund. Er zeigt seinem Menschen unter anderem Straßenübergänge an.
Die Vierbeiner sind je nach Art der Beeinträchtigung vielseitig einsetzbar. Rollstuhlfahrer:innen helfen sie beim Einkauf. Epilepsiepatienten warnen sie durch Bellen oder Kratzen vor einem bevorstehenden Krampfanfall. Gehörlose Personen machen sie auf Geräusche wie den Feuerwehralarm aufmerksam. Autistische Menschen sind wiederum empfindlich gegenüber lauten Tönen und Berührungen. Als Anzeigeverhalten kann sich der Hund beispielsweise im Kreis drehen oder anderweitige Verhaltensweisen anwenden.
Was sollten Interessierte bei der Auswahl für die Ausbildung beachten?
L. Ophüls: Grundsätzlich sollten Betroffene den Assistenzhund nach dem jeweiligen Tätigkeitsfeld aussuchen. Kleinere Hunde eignen sich weniger dazu, schwere Gegenstände zu apportieren. Stattdessen können sie durch Bellen auf Gefahren aufmerksam machen. Auch die Persönlichkeit ist entscheidend, denn die Arbeit als Assistenzhund soll ihnen Spaß machen. Ausschließen sollten Erkrankte solche Rassen, die aufgrund von körperlichen Merkmalen der anstrengenden Belastung nicht standhalten können. Plattnasige Vierbeiner haben bei hohen Temperaturen im Sommer Probleme und eignen sich nicht als Helfer im Alltag. Die endgültige Wahl sollte erst erfolgen, wenn ein:e Trainer:in und ein geeigneter Trainingsplan vorhanden sind. Allerdings ist mit langen Wartezeiten für einen Ausbildungsplatz zum Assistenzhund zu rechnen. Die Ausbildung beginnt frühestens im 12. Lebensmonat des Tieres.
Seit dem 01. Juli 2021 gibt es ein neues Assistenzhunde-Gesetz. Wie hat sich die rechtliche Situation geändert und an welchen Stellen gibt es noch Verbesserungsbedarf?
L. Ophüls: Das Gesetz legt fest, dass es zukünftig zertifizierte Ausbildungsstellen und staatliche Prüfungen für Assistenzhunde geben soll. Somit wurden allgemeingültige Qualitätsstandards gesetzt. Zudem definiert es, was ein Assistenzhund ist und wie seine Ausbildung verlaufen soll. Aber auch der Einfluss von bestimmten Kostenträgern spielt eine Rolle. Es herrscht jedoch eine große Unsicherheit, was die Umsetzung betrifft. Die zugehörigen Rechtsverordnungen fehlen auch nach über einem Jahr. Das bedeutet, dass es bisher noch keine staatliche Prüfstelle und keinen Überblick über die zusätzlichen Kosten für eine Zertifizierung des Ausbildungsplatzes gibt. Somit wissen die Trainer:innen nicht, ob sie ihre Tätigkeit fortführen dürfen. Aus meiner Sicht wäre es sinnvoll gewesen, wenn das Gesetz erst in Kraft tritt, sobald sich die verschiedenen Interessensgruppen auf eine entsprechende Rechtsverordnung geeinigt haben.
Die Krankenkasse übernimmt derzeit nur die Kosten für Blindenführhunde. An welche Anlaufstellen können sich Betroffene wenden, um finanzielle Unterstützung zu erhalten?
L. Ophüls: Für die Ausbildung eines Assistenzhundes sollten Betroffene mit einem finanziellen Rahmen von etwa 30.000 Euro rechnen. Die Möglichkeit für finanzielle Unterstützung hängt von der Art der Erkrankung ab. Es gibt Stiftungen, die bedürftigen Menschen mit einer bestimmten Behinderung unterstützen. Betroffene können zudem selbst Spenden sammeln und Crowd Funding ausprobieren. Dabei beteiligen sich fremde Menschen mit ihrem Geld am eigenen Projekt. Auch andere Kostenträger als die Krankenkasse können hilfreich sein und es kann ein Antrag beim zuständigen Bezirk gestellt werden. Wer sich für einen Assistenzhund entscheidet, sollte sich vorab gut informieren und alles in Ruhe planen. Einen Assistenzhund zu halten, ist ein langwieriges, aber auch lohnendes Projekt.