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Drug-Checking: Ab jetzt auch in Deutschland möglich

Drug-Checking

Drug-Checking: Ab jetzt auch in Deutschland möglich

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    Drug-Checking ist ab jetzt auch in Deutschland möglich.
    Drug-Checking ist ab jetzt auch in Deutschland möglich. Foto: VMM

    Zwei Wochen vor dem Festival die Ecstasy-Pille zum Testen schicken – um sicherzustellen, dass sie keine schädlichen Inhaltsstoffe hat und der Trip zu keinem Horrortrip wird. Das ist bereits in vielen anderen europäischen Ländern möglich. Seit dem 23.06.2023 ist dafür nun auch die rechtliche Grundlage in Deutschland geschaffen. Konsument:innenn von Freizeit-Drogen können psychoaktive Substanzen anonym zum Testen abgeben – für ihre eigene Sicherheit. Drug-Checking ist Teil der Schadensminimierung und soll den Weg für mehr Hilfe und Schutz für Konsument:innenen bereiten. 

    Was ist Drug-Checking? 

    Beim Drug-Checking werden Drogen auf schädliche Streckmittel, Füllstoffe und Inhaltsstoffe untersucht. In Deutschland wird neben der Laboranalyse außerdem noch ein persönliches Beratungsgespräch mit den Konsument:innen geführt. Diese sollen dadurch in erster Linie ihren eigenen Konsum bewusst reflektieren. Der Service erfolgt anonym, ist leicht zugänglich und kostenlos für Konsument:innen von Freizeitdrogen. 

     Schadensminimierung, Gesundheitsschutz, Aufklärung 

    Drug-Checking dient in erster Linie dem Gesundheitsschutz und der Aufklärung über Drogen. Dadurch soll der Konsum aber keinesfalls normalisiert werden. Es handelt sich um eine präventive Maßnahme zur Schadensminderung für Konsument:innen, die psychoaktive Substanzen in ihrer Freizeit einnehmen. Diese Gruppe ist ansonsten nur schwer erreichbar. Zudem hilft das Drug-Checking dabei, Trends und Dynamiken auf dem Drogenmarkt zu verfolgen, den Konsum besser zu verstehen und das Aufkommen neuer psychoaktiver Substanzen frühzeitig zu erkennen. Das hilft sowohl der Polizei als auch Krankenhäusern und Drogen-Beratungsstellen.  

    Lage in Deutschland 

    In Deutschland gab es bereits in den 1990er Jahren durch den Suchthilfeverein „Eve & Rave“ in Berlin erste Versuche, Drug-Checking zu etablieren. Allerdings wurden diese Versuche nach polizeilichen Ermittlungen wieder eingestellt.

    Im Zuge eines Pilotprojektes gibt es in Thüringen seit Mitte Juli 2021 bereits ein Drug-Checking-Programm. Hierbei handelt es sich um anonyme und kostenlose Tests auf Festivals oder vor Clubs. Die Ergebnisse zeigen: Enthalten die getesteten Drogen schädliche Inhaltsstoffe oder sind höher dosiert als ursprünglich gedacht, wird oft weniger konsumiert oder die Pille gar nicht genommen. Zudem finden auch hier Beratungsgespräche vor Ort statt, durch die der Konsum reflektiert werden soll. Auch mit dem neuen Gesetz, mit dem Drug-Checking nun bundesweit möglich ist, wird in Thüringen weiterhin mobil vor Clubs getestet.  

    Auch in Berlin gibt es ein Projekt, dass dem neu beschlossenen bundesweiten Modellvorhaben (23.06.2023) sehr ähnlich ist. Das Drug-Checking erfolgt kostenlos, anonym, ist leicht zugänglich und mit einem Beratungsgespräch zur Reflexion des Konsums. In Berlin findet der Versuch seit dem sechsten Juni 2023 statt und das Angebot wird in den drei Einrichtungen sehr rege genutzt. Die Ergebnisse der Laboranalysen in Berlin sind sehr aufschlussreich: Ein Drittel der eingereichten Substanzen ist überdosiert, fehldeklariert oder verunreinigt. Alle Proben, die mit gesundheitsgefährdenden Stoffen verunreinigt oder fehldeklariert sind, sowie hochdosierte Ecstasy-Tabletten, werden zum Schutz auf der Projekt-Homepage als kommentierte Warnungen veröffentlicht. 

    Auch wenn es nun eine rechtliche Grundlage zum Drug-Checking gibt, können die einzelnen Bundesländer selbst entscheiden, ob sie das Modellvorhaben erlauben. Neben Berlin und Thüringen gibt es bereits zwei weitere Bundesländer (Hessen und Baden-Württemberg), die bekanntgegeben haben, dass es Drug-Checking-Angebote geben wird. Allerdings gibt es auch Länder, die noch unentschlossen sind oder die das Modellvorhaben nicht anbieten werden: 

    • Bundesländer, die noch unentschlossen sind: Bayern, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrheinwestfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland
    • Bundesländer, die kein Drug-Checking anbieten werden: Brandenburg, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Niedersachsen 

    Was spricht für Drug-Checking und was womöglich dagegen? 

    Drug-Checking-Einrichtungen dienen der Prävention. Sie klären auf und sensibilisieren für den Konsum. Party-Drogen werden unter unkontrollierten Bedingungen hergestellt. Die Dosierung einer bestimmten Pille kann sich daher innerhalb weniger Tage verändern, was für die Konsumenten gravierende Folgen haben kann. Drug-Checking kann das verhindern und rettet dadurch Leben. Oft wird die Sorge geäußert, dass der Konsum dadurch normalisiert wird und ansteigt. Daten aus anderen Ländern zeigen allerdings: Der Konsum verändert sich nicht. Auch Fachleute, wie Psychiater Dr. med. Felix Betzler aus der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in der Charité in Berlin spricht sich dem Ärzteblatt gegenüber positiv für das Drug-Checking aus: „Aus medizinischer Sicht ist Drug-Checking unbedingt sinnvoll, weil wir wissen, dass der Konsum ohnehin stattfindet.“. Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) äußert sich positiv: „Das Drug Checking ist ein wirksames Instrument und muss zügig zur flächendeckenden Anwendung kommen“, erklärt GdP-Bundesvorsitzender Jochen Kopelke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Allerdings gibt es selbstverständlich trotzdem noch einige Bedenken. Drug-Checking könnte eine Art falsches Sicherheitsgefühl bei den Konsument:innenen erwecken. Denn auch wenn die Party-Pille keine Streckmittel enthält, sind die berauschenden Inhaltsstoffe nicht unbedenklich. Drogen haben immer Suchtpotential und schaden häufig der Gesundheit. Eine kritische Aufklärung, die den Konsum hinterfragt, ist während der Beratungsgespräche also besonders wichtig und sollte daher nicht vernachlässigt werden.  

    Wer mit Drogensucht zu kämpfen hat oder bei jemand anderem eine Sucht vermutet, kann sich an die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, örtliche Hilfegruppen oder den/die  Hausärzt:in wenden. Bei einem Notfall sollte unbedingt immer die 112 oder 110 gewählt werden.  

    Quellen:  

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