Die Zwangsstörung ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Erwachsenenalter und tatsächlich auch eine der schwerwiegendsten. Das Thema ist für Betroffene und Angehörige häufig mit einem hohen Schamgefühl verbunden. Allerdings ist es überaus wichtig, darüber offen und ohne Tabu zu reden. Denn jeder Mensch hat doch seine Marotten und Eigenheiten. Aber welche Angewohnheiten sind noch normal? Ab wann sind sie die ersten Symptome einer gesundheitsschädlichen Zwangsstörung?
Was ist eine Zwangsstörung?
Es gibt verschiedene Zwangserkrankungen. Hierunter fallen beispielsweise Wasch-, Putz-, Kontroll-, Zähl-, Sammel-, Symmetrie- oder Ordnungszwänge. Geht es um die Diagnose, gibt es zwei Gruppen an Symptomen bei Zwangsstörungen: Fachleute unterscheiden zwischen Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Diese können, aber müssen nicht zusammen auftreten. Ein Zwangsgedanke fällt aus dem normalen Denkrahmen raus und kann nicht ignoriert werden. Beim Waschzwang beispielsweise kreisen die Gedanken des Zwangserkrankten mitunter ununterbrochen um die Angst vor Schmutz. Er führt eine Zwangshandlung aus, um die Gedanken loszuwerden. Er wäscht sich dann zum Beispiel die Hände außerordentlich oft und lange mit Seife. Oder er duscht täglich mehrfach. Hierdurch wird auch das gesunde Hautbild sichtbar beeinträchtigt.
Symptome der Zwangsstörung richtig erkennen
Ein Verhalten und ein Gedanke sind dann zwanghaft, wenn sich das Verhalten und der Gedanke dem Menschen wiederholt aufdrängen. Kein Zwangserkrankter mit Waschzwang oder Putzzwang wäscht oder putzt gerne. Eine Zwangserkrankung ist immer mit einem hohen Leidensdruck verbunden. Spaß empfinden Betroffene bei Ihren irrationalen Handlungen keineswegs. Sie wissen, dass ihr Verhalten nicht normal ist und keinen Sinn ergibt. Dennoch können sie dieses Verhalten nicht einfach abstellen. Sie regulieren damit negative Emotionen wie Angst, Wut, Scham oder Ekel. Zu Erkrankungsbeginn bieten die Zwangshandlungen dem Patienten noch eine Linderung. Allerdings sorgen gerade die ritualisierten Handlungen als Symptom der Zwangsstörung für eine Verstärkung der Problematik.
Was können Angehörige von Betroffenen tun?
Für Außenstehende mag das Verhalten von Zwangserkrankten nicht nachvollziehbar sein. Angehörige können oft nicht verstehen, warum betroffene Personen das Verhalten nicht „einfach unterlassen” können. Psychisch Erkrankte stoßen somit oft auf Unverständnis. Dennoch sollten Angehörige diese Menschen offen ansprechen, wenn die Vermutung besteht, dass ein Verhalten oder ein Gedanke das Symptom einer Zwangsstörung sein könnte. Zudem sollten Personen den Zwang des Betroffenen nicht aktiv unterstützen und dadurch fördern. Es sollten beispielsweise keine Aufgaben für den Zwangsgestörten übernommen werden, zu denen dieser aus Angst nicht mehr in der Lage ist. Stattdessen sollten sich Angehörige der Tatsache bewusst sein, dass Patienten ihre Zwangssymptome nicht allein überwinden können. Damit eine solche Erkrankung besser wird, bedarf es der Unterstützung von professionellem Fachpersonal.
Wohin können sich Menschen mit Zwangsstörungssymptome wenden?
Wenn das zwanghafte Verhalten mehr als eine Stunde am Tag in Anspruch nimmt, sollte man sich Hilfe suchen. Am besten wenden sich Beteiligte zunächst an Ihren Hausarzt. Er kann eine erste Einschätzung über die vorhandenen Zwangsstörungssymptome geben. Ebenfalls ist die Koordinationsstelle für Psychotherapie der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns ein guter Anlaufpunkt, um einen Psychotherapieplatz zu finden. Als Therapieform eignet sich beispielsweise die systemische Therapie. Besonders wirksam ist jedoch die kognitive Verhaltenstherapie. Bei der Konfrontationstherapie stellt sich der Beteiligte den Situationen und Gedanken, die ihn ängstigen. Die auftretenden, negativen Gefühle muss er ohne Zwangsritual aushalten. Zu Therapiebeginn kann sogar ein stationärer Aufenthalt zur Stabilisierung ratsam sein. Zudem kann eine medikamentöse Therapie den Behandlungsverlauf unterstützen. Egal, für welche Methode sich Betroffene entscheiden, wichtig ist nur eins: Sich frühzeitig Hilfe holen bevor der Leidensdruck zu groß wird.