Ayurveda – das ist eine traditionelle indische Heilkunst, die auch bis heute noch in Indien, Nepal und Sri Lanka angewendet wird. Schon in der ersten Literatur der Heilkunde, der Charaka Samhita, ist das Ölziehen erklärt und empfohlen. Dabei seien in dem über 2000 Jahre alten Werk über 30 systematische Krankheiten angeführt, die sich mit dem Ölziehen heilen lassen. Doch ist an dessen Wirkung wirklich etwas dran?
Ölziehen für die Mundhygiene?
So richtig bekannt wurde die Methode erst durch Dr. F. Karach. Der Arzt soll das Konzept des Ölziehens in den 1990er Jahren bei einem Kongress vorgestellt und auf die spezielle Wirkung hingewiesen haben. Egal ob zur Stärkung der Zähne, des Zahnfleisches und des Kiefers, aber auch zur Kariesvorbeugung sowie zur Bekämpfung von Mundgeruch, Zahnfleischbluten, Mundtrockenheit und rissigen Lippen – Ölziehen soll sich in vielen Hinsichten auf die Mundhygiene auswirken.
Studien scheinen sich aber darüber nicht einig zu sein. Während die eine Studie beweisen will, dass Ölziehen die Anfälligkeit für Karies verringert, belegt die andere, dass die Ergebnisse aufgrund mangelnder Durchführungsqualität nicht ausreichen, um Ölziehen zu empfehlen. Somit sollte also jede:r für sich selbst entscheiden, ob sich das Ölziehen als eine sinnvolle Ergänzung zur Mundhygiene eignet.
Wann, wie lange, und wie oft?
Am besten wird das Ölziehen gleich morgens nach dem Aufstehen und vor dem Frühstück sowie dem Zähneputzen durchgeführt. Denn über Nacht sammeln sich gerade im Mundbereich vermehrt Schadstoffe an, die mit dem Ölziehen entfernt werden können. Des Weiteren ist einmal täglich am Morgen ausreichend – bei Bedarf kann das Ölziehen aber auch öfter zur Anwendung kommen. Dabei sollte das Ölziehen im Idealfall immer 20 Minuten dauern. Denn diese Zeit benötigt das Öl, um in die Lücken der Zähne einzusickern und die Bakterien wirksam zu bekämpfen. Es eignen sich verschiedene kalt gepresste Bio-Öle dafür: Ob Sonnenblumenöl, Sesamöl, Leinöl, Kokosöl oder Olivenöl. Im Ayurveda wird zwar meist Sesamöl verwendet, moderne Heilpraktiker:innen empfehlen dagegen oft Kokosöl.
Potenzielle Wirkung von Ölziehen
Somit kann Ölziehen bei regelmäßiger Anwendung nicht nur die Chance auf Karies verringern, sondern auch Zahnbeläge reduzieren und schädliche Bakterien in der Mundhöhle bekämpfen. Zusätzlich soll dabei das Zahnfleisch gepflegt werden, was die Durchblutung verbessert, und seine Selbstheilungskraft stärkt. Darüber hinaus kann es gegen Kopfschmerzen, grippale Infekte und Zahnschmerzen helfen. Aber wie aber wird nun das Ölziehen konkret durchgeführt?
- Die Zungenreinigung: Bei der Zungenreinigung entfernt ein ayurvedische Zungenschaber den Zungenbelag. Die Zunge wird dadurch sauber und rosafarben, Mundgerüche reduziert und die Geschmackswahrnehmung ist wieder fein und sensibel.
- Der Start: Nun wird ein Esslöffel mit dem jeweiligen Öl in den Mund geführt. Davor sollte man weder etwas gegessen noch getrunken haben.
- Öl spülen, ziehen, saugen, schlürfen: Idealerweise soll das Öl 20 Minuten im Mund bewegt werden – hier lässt es sich aber auch nach und nach steigern – ganz nach dem eigenen Wohlbefinden. Zwischendurch kann man immer wieder eine Pause einlegen, in der das Öl sich im Mund verteilen und einwirken kann. Aber Achtung: Das Öl darf man keinesfalls schlucken, da sich darin jene Bakterien befinden, die die Wirkung des Ölziehens bekämpft.
- Öl ausspucken: Gegen Ende der Anwendung wird die Öl-Speichel-Mischung immer dünnflüssiger und färbt sich weiß. Nun kann man das Öl ausspucken: Am besten in ein Papiertaschentuch oder eine Tüte, damit die Bakterien nicht in den Wasserkreislauf gelangen. Anschließend ist der Mund mehrmals mit warmem Wasser auszuspülen.
- Zähne putzen: Daraufhin ist gründliches Zähneputzen angesagt: Am besten mit einer sanften ayurvedischen Zahncreme oder mit einer basischen Zahncreme. Denn schließlich ersetzt das Ölziehen das Zähneputzen nicht.
Für eine optimale Wirkung beim Ölziehen: Das ist zu beachten
Bei Amalgam-Zahnfüllungen sollte zuerst Zahnärzt:innen aufgesucht werden. Denn heiße und säurehaltige Flüssigkeiten könnten das giftige Quecksilber aus der Amalgam-Füllung lösen. Hierbei besteht also die Gefahr, dass das Öl das gelöste Quecksilber nicht vollständig binden kann und dieses so über die Mundschleimhaut in den Körper wandert.